Horrorspaziergang

FräuleinHelga

10 Jahre Mitglied
(text in österreichischer sprachfärbung und garantiert ein paar schauerlichen rechtschreibfehlern und natürlich extralang)


Die kastrationsbedingt noch im Krankenstand befindliche Betty mal zuhause gelassen, um gemeinsam mit dem Herrn Pferd, der alten Ente und den zukünftigen Tagesgästen und Pflegehunden, den Whippetdamen Adele und Renate, einen Kennenlernausflug auf die Wiener Donauinsel zu unternehmen.

Hunde und Menschen haben Spaß. Herr Pferd springt fröhlich über die Wiesen, neckt die doofen, weil langsamen, Normalohunde. Hüpft und rennt durchs Unterholz, freut sich, weil ihn keiner erwischt, kehrt zurück und leckt sich auffällig lang die Pfote. Wo ist denn der Depp schon wieder reingetreten?

Und dann - Schock! Der Herr Pferd blutet wie verrückt und obwohl ich bei Hundewehwechen nicht übermäßig hysterisch veranlagt bin, ist mir klar - diesmal ist es was ernstes. Mit dem Schal das Bein abgebunden und Krisensitzung mit den zufällig anwesenden Hundebesitzern. Mitten in der Pampa. Fernab von Straße, Parkplatz, Zivilisation überhaupt.

Jemand hat die Nummer der Tierrettung im Telefon eingespeichert. 45 Minuten Wartezeit, optimistisch gesehen, also mindestens eineinhalb Stunden, realistisch betrachtet. Viel zu lange. Ob die Arterie im Bein betroffen ist, kann ich nicht sagen, werde den Druckverband aber nicht mehr öffnen, um das beurteilen zu können.

Nächster Plan - Taxi. Minutenlange telefonische Standortbestimmung bis endlich ein Wagen geschickt wird - der nicht kommt. Anruf in der Taxizentrale - wo bleibt das Taxi? Steht 5 Kilometer entfernt am öffentlichen Parkplatz und darf das Gelände nicht befahren. Ich erkläre die Notsituation, biete an, eventuelle Strafmandate natürlich selbst zu bezahlen und werde letzten Endes dezent unhöflich, als man sich weigert, mir Hilfe zu leisten.

24 Kilo Hund tragen? Im schlimmsten Falle, aber vorher noch ein Anruf bei der Polizei.
Keiner von uns weiß so genau, wo wir uns befinden. Ich werde aufgeklärt, dass die Mülleimer Nummern tragen, die Aufschluss über den Standort geben. Der nächstgelegen Mistkübel trägt keine Nummer. Der Notrufmann ist ein Profi, er schafft es, rauszubekommen, wo auf der Insel wir uns befinden, obwohl vor lauter Aufregung keinerder Anwesenden auch nur den geringsten Plan hat, ich vermutlich am allerwenigsten. Eine zufällig vorbeikommende Dame scheint ortskundig.

Ich hab die Nummer meines Tierarztes nicht parat, und bitte via Telefon eine Bekannte, sie solle ihn von seiner Mittagspause abhalten und auf einen Notfall vorbereiten.

Herr Pferd hat Stress, mal steht er, mal liegt er, er hechelt und sabbert und mir wird ganz schlecht vor Aufregung und Sorge. Der Polizeinotrufmann ruft mich retour: der nächstgelegene Polizeiposten wurde verständigt. Kurz darauf der Anruf vom Polizeiposten Floridsdorf, ich muss nochmal erklären, wo genau wir uns befinden.

Langsam, aber sicher krieg ich die Krise.
3 Minuten später naht die Polizeistreife. "Und was sollen wir da jetzt machen?" fragen die Polizisten. Ich bin zu gut erzogen, um ausfällig zu werden, stattdessen versuche ich die Situation zu schildern : Verletzter Hund in einem Gelände, das nicht von Autos befahren werden darf, 5 Kilometer von der nächsten Transportmöglichkeit entfernt, keine eigenes Auto (sonst hätt ich ihn selbst geholt, verboten hin oder her), Taxifahrer weigern sich uns zu holen, Tierrettung gut und schön, aber halt ineffizient, wenn wirklich was passiert.
"Verhaften sie halt die Dame und den Hund kurz, dann dürfen sie mitfahren." beweist ein mitwartender Hundebesitzer Humor.
"Na gut, steigens ein." meint ein Polizist und verfrachtet Hund und mich auf den Rücksitz.

Die alte Ente bleibt beim Whippetmann, der zu fuß zum Ausgangspunkt zurückmarschiert, wo mein Freund die Ente abholen soll.

Herr Pferd ist verwirrt und möchte auf den Fahrersitz. Die Polizei will das nicht. Zum Parkplatz wollen sie mich bringen, zu meinem Auto. Dumm nur, dass ich gar keines habe. "Und wie kommen sie jetzt zum Tierarzt?" Vorne am Parkplatz, wo die Taxis ja hin dürfen, müsst ich mir halt ein neues hinbestellen.

Die Polizisten beweisen Bürgerfreundlichkeit und bringen uns bis vor die Ordinationstüre. Odyssee weitestgehend überstanden.

Herr Pferd bekommt Schmerzmittel verabreicht und muss zur chirurgischen Versorgung bleiben, kein wichtiges Gefäß betroffen und wahrscheinlich auch keine Sehne. Ich fahr zurück, die alte Ente, Freund und Whippetmann abzuholen.

6 Stunden später - 10 cm große Schnittwunde bis auf den Knochen, zum Glück keine Sehne erwischt. 2 Wochen Hausarrest. Herr Pferd ist wieder zusammengeflickt und natürlich ziemlich durcheinander und schläft am Bett seine Betäubung aus - und ich, ich geh, glaub ich, nie wieder ohne Telefon und Stauschlauch aus dem Haus.
 
  • 11. Mai 2024
  • #Anzeige
Hi FräuleinHelga ... hast du hier schon mal geguckt?
  • Gefällt
Reaktionen: Gefällt 31 Personen
#VerdientProvisionen | Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen.
Hubschrauber in der Tierrettung scheint eine Marktlücke zu sein?

Scherz bei Seite!
Kann Dich gut verstehen, wenn man da steht und ....... !

Minuten werden zu Stunden!

Schön, dass es noch "soooo harmlos" abgegangen ist.
Knuddel mal Dein Pferd von uns!!!


WUFF

MASSAvonSAMMY
 
Nach diesem Bericht komme ich arg ins grübeln. Ich werde mich wohl doch besser auch mit so'n Taschentelefon (Handy ;) )anfreunden. Kann keinen meiner beiden Racker mehr tragen. :rolleyes:
Und Scherben hat es hier wahrhaftig genug überall, auch in den Sträuchern :sauer:

Ich mag zwar deine Berichte sehr gut leiden, und hätte auch gerne mehr weanerisch im Text, aber solche Geschichten, davon hab' ich dann immer schlechte Träume. :(

Was ein Glück, daß du auf so nette "Ordnungshüter" getroffen bist. :)

Alles Gute für Herrn Pferd :love: und hier mal eine handvoll Hundekuchen als Trostpflästerchen.
 
danke für die genesungswünsche!

tja, so sehr mich auch die mobiltelefoniererei nervt, ich geh mit den hunden nimmer ohne handy raus.

das war mir heut nochmals eine lehre. und glücklicherweise hatte ich einen schal mit. abinden mit schnürsenkel o.ä. ist nicht unbedingt ideal und schadet manchmal mehr, als es nützt.
(und ganz nebenbei bin ich froh, dass ich alle meine hundsviecher nötigenfalls auch ein stückchen tragen könnt - würd zwar nicht allzu elegant anzusehen sein, ginge aber eine weile.)
 
Mann, das muss ja ein Schreck gewesen sein! Ich hab ja schon die Krise bekommen als Milo sich mal die Wolfskralle eingerissen hatte und ein Tröpfchen Blut rauskam...
 
das kenne ich...habe mal meinen Rotti-Rüden Spike 1,5 Kilometer (gefühlt 20) durch die Pampa nach Hause getragen, weil er dank fehlender Musulatur (aus schlechte Haltung) beim Spazieren gehen einfach zusammen gebrochen ist...ich sag dir da ist mir das Herz in die Hose gerutsch...und am nächsten Tag hatte ich den Muskelkater meines Lebens und habe mich im Nachinein gefragt wie ich diesen Klops überhaupt tragen konnte...wiege gerade mal 10 Kilo mehr...Aber wenn so eine Notsituation kommt, dann bekommt man Superkräfte:D:D
 
gute besserung wünschen wir, aber nie das handy zuhause lassen. obwohl manchmal nutzt
das auch nix. aber ich weiss das adrenalin setzt kräfte frei, ich hab auch mal meinen
gizzmo heimgetragen... mit über30kg
 
So horrormässig die Situation war(Gott sei Dank WAR) und so lustig sie beschrieben ist...........ich bin auch oft genug in der Wachalei unterwegs,aber nie ohne Handy.

Mal als Tip,für alle Leser und Mitleidenden,man könnte mit etwas Fantasie einige Kleidungsstücke als Verband oder gar als Druckverband nutzen...........geht vom BH(natürlich OHNE Bügel),Schal,T-Shirt,Socken oder Strumpfhose.
Es ist sehr schwer in solche Situationen die Nerven zu behalten,wenn der Liebling stark blutet und schwer verletzt ist..........trotzdem versuchen im Geiste einfach alle Kleidungsstücke abtasten,was sich eignen könnte!

Geistesgegenwärtigkeit hat hier sehr gut geholfen!!:hallo:

Gute Besserung an den Racker!!


Danny
 
Ja, von mir auch...

Gut, dass es letztlich noch halbwegs glimpflich ausgegangen ist...
 
mann da währ ich ja aus RETZ NÖ. schneller bei dir gewesen
als die tierrettung :D. ( scherz ) auf alle fälle gute bessserung und nen dicken knuddler... lg
 
Wenn dir die Beiträge zum Thema „Horrorspaziergang“ in der Kategorie „Allgemeines“ gefallen haben, du noch Fragen hast oder Ergänzungen machen möchtest, mach doch einfach bei uns mit und melde dich kostenlos und unverbindlich an: Registrierte Mitglieder genießen u. a. die folgenden Vorteile:
  • kostenlose Mitgliedschaft in einer seit 1999 bestehenden Community
  • schnelle Hilfe bei Problemen und direkter Austausch mit tausenden Mitgliedern
  • neue Fragen stellen oder Diskussionen starten
  • Alben erstellen, Bilder und Videos hochladen und teilen
  • Anzeige von Profilen, Benutzerbildern, Signaturen und Dateianhängen (z.B. Bilder, PDFs, usw.)
  • Nutzung der foreneigenen „Schnackbox“ (Chat)
  • deutlich weniger Werbung
  • und vieles mehr ...
Zurück
Oben Unten