oder: ein Tag im Leben vom Barolo
Ich gucke sonntags ja immer „Tiere suchen ein Zuhause“ im WDR. Irgendwie scheint es eine enorme Kunst zu sein, einen pubertierenden oder auch nur temperamentvollen Hund zu haben, denn in mindestens 50 % der Fälle (wenn nicht mehr) heißt in den Tierheimen der Abgabegrund: Überforderung. All die, die sich überfordert fühlen, lade ich heute ein, den Barolo, den Dustyn und mich einen Tag lang zu begleiten. Vom Aufstehen bis zum Zubettgehen. (Was der Barolo nachts so treibt, weiß ich ja nicht, und das ist vermutlich auch besser so).
Morgens. Früh, so gegen halb 8. Der Wecker klingelt. Ich hab im Moment Urlaub, der Wecker klingelt aber trotzdem, damit ich nicht so arg aus meinem Tagesrhythmus komme. Achso, ja. Mein Tagesrhythmus. Der ist seit gut 3 Monaten anders als vorher, denn vor 3 Monaten ist der liebe Barolo hier eingezogen.
Also, der Wecker klingelt, und ich höre Dustyn, der in seiner Kudde gähnt und sich streckt. Im Hundezimmer vor meinem Schlafzimmer stehen 2 Kudden. Aber nur eine wird benutzt. Ich höre außerdem ein Trampeln die Treppe hoch und weiß: Ich hab noch genau 2 Sekunden Zeit, aus dem Bett zu springen, meine Klamotten zu packen und ins Bad zu hechten, ansonsten kommt nämlich ein schwarzes Etwas ins Schlafzimmer geschossen (was es nicht darf) um mich anzuspringen (was es nicht soll). Je nach Wetterlage sind die Pfoten dieses Etwas trocken-sauber oder matschig feucht. Heut hab ich Pech: Es ist neblig draussen, Gras ist nass, und ich hab die Zwei-Sekunden-Gnadenfrist leider nicht geschafft und liebevolle 29 kg begrüßen mich und den neuen Tag. Immerhin: Ich stehe noch.
Mit den Klamotten unterm Arm geht´s Richtung Dusche. Dabei stolpere ich abwechselnd über den Barolo und den Dustyn, die beide ihrer Freude darüber, dass Frauchen endlich den seltsam-komaähnlichen Zustand namens Schlaf verlassen hat und wieder unter den Lebenden weilt, lautstark Ausdruck verleihen. So, als ob ich wochenlang auf Reisen gewesen wäre. Auf dem Weg zur Dusche fliegt das nun durch zwei nette Pfotenabdrücke verzierte T-Shirt in die Schmutzwäsche, danach versuche ich, mich vor dem Barolo ins Bad zu quetschen. Vergeblich. Dustyn bleibt freiwillig vorm Badezimmer liegen, der Barolo dagegen möchte auf meinen Schoß. Aua. Ich eile unter die Dusche. DAHIN möchte der Barolo nicht mit. Warum nur? Während ich dusche, verfolgen mich vorwurfsvolle Blicke. Schrecklich, Wasser aus irgendwelchen Schläuchen, das geht gar nicht. Da ich es mir nicht nehmen lasse, mir zu allem Überfluß auch noch die Haare zu waschen und dem Barolo diese Prozedur zu lange dauert, lenkt er sich ein wenig ab und frisst derweil die Rolle Klopapier, nachdem er sie fein säuberlich aus der Halterung gezerrt hat.
Ich föne mir die Haare, sammle das restliche Klopapier auf, das der Barolo nicht runtergeschluckt hat, und überlege, ob Klopapier wohl giftig für Hunde ist. Hilft aber eh nix, ist ja schon im Hund. Ich passe beim Treppenruntergehen auf, nicht über einen der Hunde zu fallen, und werfe die Kaffeemaschine an. Aber bitte, nicht dass ihr jetzt denkt, die armen Hunde müssten warten, bis Frauchen ihren Kaffee getrunken hat. Nein, nein. Die Zeit, bis der Kaffee durch ist, kann man sinnvoll nutzen. Wir nutzen sie heut, wie fast jeden Tag, dazu, in den Garten zu gehen. Ich gehe an Jason´s Grab, mache die zwei Kerzen aus, dann bekommt Dustyn seinen heißgeliebten Fußball (oder besser gesagt: den schleimigen Lappen, der von einem einstmals runden Fußball übriggeblieben ist. Während der Barolo den Dustyn nervt, indem er versucht, ihm seinen Ball wegzunehmen, schaufle ich sämtliche Löcher zu, die der Barolo aus Langeweile des nachts gegraben hat. Nicht, dass sich einer der Hunde noch den Haxen bricht in so einem Loch. Irgendwie wird der Anteil Gras in meinem Garten immer weniger, der Anteil umgepflügter Fläche dafür immer mehr. Aber der Garten ist ja eh für die Hunde da. Ich stehe dem Dustyn nun bei, pflücke den Barolo von einer Seite des Ball-Lappens und ignoriere die entgeistert starrenden Blicke der Nachbarin vom Nachbarhausfenster schräg-links-oben, die aufgrund der grausligen Knurrgeräusche vermutlich denkt, ich trainiere meine Hunde für illegale Hundekämpfe.
Zwischenzeitlich ist der Kaffee durch. Nachdem ich alle Gegenstände eingesammelt habe, die der Barolo nachts in den Garten geschleppt hat, gehe ich zurück in die Wohnung. Dustyn kommt mit, der Barolo bleibt wie bestellt und nicht abgeholt mitten im Garten stehen. Ich bin etwas irritiert, den „normalerweise tut er das nicht“. Aber was soll´s, soll er halt noch ein bisschen im Garten bleiben. Ich möchte ein paar Telefonate führen, während ich meinen Kaffee genieße. Schaue vorher noch mal aus dem Fenster in den Garten und werde Zeuge des ersten epileptioformen Anfalls meines Hundes Barolo. Wie vom Blitz getroffen zuckt er kurz zusammen, beginnt, im Zickzack kreuz und quer durch den Garten zu rasen, packt sich ein dort herumliegendes (feuchtes) Plüschtier, besinnt sich kurz, rast im Affenzahn Richtung Wohnung, fetzt durch den Flur, kriegt die Kurve in die Küche nicht, wirft deshalb sein Futternapfgestell mitsamt Wassernapf um, schlittert mir auf der soeben entstandenen Überschwemmung entgegen, freut sich, dass er Frauchen wiedergefunden hat und springt mit wassernapfwasserfeuchten, gartenmatschsanddreckigen Pfoten an mir hoch, bevor ich den dämlich-verwunderten Ausdruck aus meinem Gesicht wischen kann. Aber zum Wischen hab ich ja jetzt den Swiffer, mit dem ich erst mal die Überschwemmung besitige. Und Gott sei Dank gibt es Küchentücher! Das T-Shirt wandert in die Waschmaschine, und die Hosen... was soll´s, wir müssen ja eh noch Gassi gehen.
Hundefrühstück fällt heut aus, zum Trainieren nachher möchte ich hungrige Hunde. Das goutiert dem Barolo nicht. Er liegt scheinheilig auf seinem Platz, wartet, bis ich eine Telefonnummer gewählt habe und zum Sprechen ansetze, um dann ohrenbetäubend laut und stakkatomäßig auf einem seiner Quietschis herumzukauen. Wenn man telefonieren will, entspricht die Lautstärke des durchschnittlichen Plüsch-Dotties derjenigen eines startenden Jumbo-Jets. Ich drohe dem Barolo damit, dass ich statt der geplanten Rindfleisch-Suppe eine leckere Barolo-Suppe kochen werde, aber er zeigt sich unbeeindruckt. Nach der Beschlagnahme aller herumliegenden Dotties, Gummihühner und quietschender Bälle kann ich schließlich meine Telefonate zuende führen, während der Dustyn sich die Szenerie mehr oder weniger kopfschüttelnd anschaut.
Kaffeepause ist beendet, trotz grauem Schmuddelwetter und Nieselregen ist nun der große Spaziergang angesagt. Ich schneide, zwecks Motivationsverstärkung beim Training, Fleischwurst klein, werde von beiden Hunden andächtig beobachtet und vergesse dabei, dass der Dustyn zum Futterneid neigt. Auf einmal fürchterliches Gebrüll, darunter jämmerlich quietschende Schreie und ein Barolo, der die Beine – äh..Pfoten- in die Hand nimmt, um möglichst rasch eine möglichst große Distanz zwischen sich und dem brüllenden Ungeheuer zu bringen. In der relativ kleinen Küche ein hoffnungsloses Unterfangen, und so bekommt der Barolo vom Dustyn völlig zu Unrecht schon relativ früh eins auf die Nuß. Immerhin haben wir noch nichtmal 10 Uhr. Ich ziehe den Dustyn vom Barolo, untersuche den Barolo auf tödliche Verletzungen (die er, nach der Lautstärke seines Geschreis haben müsste), finde etwas Sabber im Barolofell und ein winziges Büschel Barolohaare auf dem Boden und beschließe, beim nächsten Mal Fleischwurstschneiden beide Hunde aus der Küche zu verbannen. Währenddessen bekaut der Barolo andächtig mein letztes Paar wasserdichte Schuhe, das ihm noch nicht zum Opfer gefallen ist (von den unbequemen Gummistiefeln mal abgesehen). Mein „Nein, Barolo!“ bringt mir außer, einem propellerartigen Rutenwedeln und einem steinerweichenden Blick, nicht wirklich viel. Ich nehme ihm den Schuh weg, wohl wissend, dass ich meine Schuhe zukünftig besser verstauen muß, will ich im Winter keine Barfußspaziergänge machen.
Letzte Vorbereitungshandlung für den anstehenden Spaziergang: Halsband anziehen. Leute, ich sags euch: Habt ihr einen Sternenhexer daheim, tut ihr gut daran, nicht die schön praktischen Zugstopp-Halsbänder von Camiro zu kaufen, sondern Klick-Halsbänder. Der Grund dafür ist einfach. Der Barolo macht sich einen Riesenjux daraus, jedes Mal, wenn ich ihm das Halsband über den Kopf ziehen will, das Maul sperrangelweit aufzureißen. Jedesmal, wenn ich denke „Eben hast Du´s“ stelle ich fest, dass die untere Hälfte des Halsbandes in Barolos Klappe gelandet ist. Der Hund wirft mir derweil gequält-vorwurfsvolle Blicke zu, als würde ich ihn aufzäumen wollen wie ein Pferd.
Aber auch diese Hürde nehmen wir, selbstverständlich. Linke Hand hält Baroloschnauze zu, rechte Hand zieht das Halsband drüber, und mit etwas handwerklichem Geschick sitzt dann auch das Zugstopp-Halsband, passt, wackelt und hat Luft.
Hunde ins Auto verfrachtet, und ab geht´s in Richtung Kollerinsel. Der Barolo mag das Autofahren. Mochte er schon immer. Trotzdem bin ich froh, dass er hinten in einer stabilen Alubox sitzt, denn in Autos ohne Hundebox hat er einen unglaublichen Vorwärtsdrang in Richtung Beifahrer- oder auch Fahrersitz. Den Autoschlüssel kriegt er aber erst, wenn er 18 ist und den Führerschein vorweisen kann.
Nach 25 Minuten Fahrt endlich: Die Kollerinsel! Bei diesem Sauwetter ist ausser uns kein Mensch da. „Leinen los“ ist angesagt. Der Dustyn schnuppert erst mal überall, während sich der Barolo schnurstracks auf den Matscheacker begibt und sofort fündig wird: Eine Zuckerrübe! Da man die schlecht im Stehen fressen kann, legt der Barolo sich in den Matsch. Liegend kaut es sich leichter. Ich rufe „Barolo, HIER!“, und der Barolo ist nicht blöd, das bestimmt nicht! Er weiß, dass ich Fleischwurst dabeihab, und darum gibt er beim Herankommen so richtig Gas. Das hat zur Folge, dass mein Hund leider nicht mehr rechtzeitig bremsen kann, zuerst an meine Schienbeine knallt und anschließend in Vorfreude auf die bevorstehende Fleischwurst – ihr ahnt es! – an mir hochspringt. Aber immerhin, der anschließende Vorsitz könnte sich bei jeder Begleithundprüfung locker sehen lassen!
Wir gehen weiter in Richtung Wiesen. Ich genieße den fast schon unheimlichen Anblick der wabernden Nebelschwaden über den Feldern und Wiesen und sogar die feuchtkalte Luft. Der Dustyn und der Barolo liefern sich derweil eine Tobeschlacht, bei der man denken könnte, beide Hunde hätten seit mindestens 4 Wochen keinen Auslauf mehr gehabt. Der Barolo sieht zwischenzeitlich eher aus wie ein Igel denn wie ein Hund. Da der Dustyn ihn immer wieder in den Matsch wirft, stehen die Barolohaare in stacheligen Klumpen vom Körper ab. Also erst noch mal kurz ins Wasser, naß sind die Hunde durch den Nieselregen eh schon. Danach wieder zu den Wiesen, Trockenrollen (soweit das bei Schmuddelwetter möglich ist) und Warmrennen.
Dann kommt der für den Barolo schreckliche Teil: er wird angebunden. An einen Pfosten. Aus dem einfachen Grund, weil ich mit dem Dustyn zuerst trainieren will und das schlichtweg nicht möglich ist, wenn man dauernd über einen Barolo fällt. Frauchen mit dem Dustyn trainieren zu sehen, das ist zuviel für die geschundene Baroloseele. Er hüpft, fiept, jammert, schreit, doch es hilft alles nix: Erst, wenn ich mit Dustyn fertig bin, ist der Barolo dran. Der hat zwischenzeitlich Pläne geschmiedet, wie er mir die Gemeinheit heimzahlen kann, und weiß Gott, das hat er gut hingekriegt: Beim Futtertreiben zwackt er mir mit seinen Schneidezähnen permanent in die eisig kalten Finger, dass es mir die Tränen in die Augen treibt. Eins zu Null für den Barolo! Aber noch sind wir nicht fertig miteinander! Ich weiß nämlich, welche Übung dem Barolo am schwersten fällt: die Platzübung! Da muß man nämlich trotz Hummeln im Hintern, ruhig liegen bleiben, sonst: Ade, Fleischwurst. Die Rache ist mein!
Beim Fährten nach Fleischwurststücken lassen beide Hunde die nötige Gelassenheit vermissen. Frauchen notiert im Kopf: Zukünftig fürs Fährten Frolic verwenden! Zwischenzeitlich findet der Barolo abseits der Fährte etwas, das ich zunächst nicht identifizieren kann, und macht sich damit aus dem Staub. Da das, was er da im Maul hat, sicherlich nichts Gescheites sein kann, ist es nun an mir, für den Barolo herumzuquietschen (Gott sei Dank beobachtet uns niemand), was ihn kurzfristig vergessen lässt, dass er da ja noch was im Maul hat, was er runterschlucken will. Ich schaffe es, ihm seine Beute abzunehmen: Eine tote, feuchte Spitzmaus. 400 000 qm Wiese, und der Kerl findet die tote Maus? Also wieder ab zum Wasser, damit ich mir die Hände waschen kann (es gibt Appetitlicheres als tote Mäuse...). Der Barolo nutzt die Chance, springt im hohen Bogen noch mal ins Wasser, geht unter, taucht wieder auf, dreht ein paar Runden um kommt wie eine nasse Ratte und nur halb so breit wie vorher wieder zu mir. Gerade, als ich mir Sorgen über eine mögliche Lungenentzündung machen will und beschließe, dass Eineinviertel Stunden Spaziergang bei diesem Mistwetter je eigentlich reichen, kommt uns eine seiner Freundinnen entgegen: Eine 7 Monate alte Ridgeback-Hündin. Das kann ich dem Barolo natürlich nicht antun, jetzt heimzugehen, also: Dustyn an die Leine, der Barolo rast mit seiner Freundin wie ein Irrer durchs Wasser, über die Wiesen, über Stock und Stein. In meinem Kopf rattert es. Ist das zuviel Bewegung? Was würde wohl die Züchterin dazu sagen? Indes, der Barolo kennt solche Gedanken nicht, genießt das Spiel, und angeblich war der Barolo ja der „Ruhigere“ der beiden Rüden, die seinerzeit noch zu vermitteln waren....wenn das stimmt, möchte ich nicht in der Haut des Besitzers von Baju stecken ...
Irgendwann wird es dem Dustyn und mir aber zu kalt, ich sammle den Wirbelwind ein und wir fahren heim. Und jetzt, nach getaner Arbeit sozusagen, kommt für den Barolo der schönste und allerwichtigste Teil des Tages: die Hauptmahlzeit! Es gibt Kopffleisch, Pansen und Hühnerflügel vom LIDL. Aber eigentlich ist es völlig egal, was ich da in den Napf tue, denn der Barolo registriert es eh nicht. Während der Dustyn zwar auch sehr zügig und mit Appetit frisst (ich hatte noch nie mäkelige Hunde) vibriert der Barolo beim Fressen und inhaliert den gesamten Napfinhalt innerhalb weniger Sekunden. Heute war ausnahmsweise einer der Tage, an denen der Napf nicht aus der Halterung geflogen ist. Jetzt wisst ihr, warum der Barolo kein Fleisch am Stück bekommt, sondern nur gewolft oder gewürfelt! Ochsenziemer und Ähnliches kann ich nur geben, wenn länger als 20 cm, sonst wird am Stück geschluckt!
Nach der Hauptmahlzeit ist tatsächlich Ruhe angesagt! Freiwillig verzieht sich der Barolo auf seine Decke und rüsselt. Irgendwann schläft er ein. Der Dustyn liegt derweil in seiner Kudde im Wohnzimmer und schnarcht. Ich hab jetzt die Chance, so unwichtige Sachen wie z. B. Hausarbeit zu erledigen, ohne über irgendwelche Vierbeiner zu fallen.
Irgendwann aber wird es dunkel. Und dann ist es an der Zeit, im Garten die Kerzen für meinen unvergessenen Jason anzuzünden. Selbstverständlich kommen die Hunde mit in den Garten. Könnte ja sein, dass Frauchen im Dunkeln verloren geht oder so. Und die frische Luft macht den Barolo wieder munter. Das wäre an und für sich ja nicht schlimm. Aber: ein munterer Barolo schläft nicht auf seinem Platz. Der will auf die Couch. Anfangs hab ich ihm das auch ein paar Mal erlaubt. Das war mein Verderben. Der liebe Barolo legte sich halb auf mich drauf. Auch das wäre ja nicht sooooo schlimm, das Hundebaby...ähm...der Junghund braucht halt Körperkontakt. Nur: Das Bedienen des Laptops ist mir so unmöglich, weil der Hund ständig versucht, die Maus zu fangen, die sich so komisch bewegt. Oder seine Pranke auf die Tastatur haut. Also beschloss ich die konsequente Durchsetzung des Couchverbots. Daran arbeiten wir seit geschlagenen 4 Wochen.
Die allabendliche Szene sieht so aus: Ich sitze auf der Couch und tippe etwas ins Laptop. So wie jetzt. Dann kommt der liebe Barolo mit seinem schönsten Propellerwedeln an. Es ist das wirklich ein Propellerwedeln, nicht etwa ein ordinäres rechts-links-rechts-Gewedel. Er setzt seinen niedlichsten Blick auf, dessen er fähig ist, und stellt sich erst mal NEBEN die Couch. Schon jetzt kommt mein erstes „Barolo! Denk nichtmal dran!“. Propellerwedeln. „Barolo, NEIN!“ Propellerwedeln, Vorderpfote links liegt plötzlich –patsch- auf der Couch. “Herrgott Barolo! NEIN!” Ich tu die Pfote runter. Propellerwedeln, und – patsch! Wieder ist die Pfote auf der Couch. Der Kopf mit den traurigen Augen liegt neben der Pfote. „BAROOOOOLO! NEIN!“ Wieder tu ich die Pfote runter. Der Hund hebt den Kopf mit ebendiesen traurigen Augen, und patsch – patsch! Beide Pranken liegen auf der Couch, der Vorderkörper des Hundes stemmt sich hoch. Wer jetzt sagt „Drück ihn doch einfach runter von der Couch!“ – dem empfehle ich, mal in einen 1 Meter hoch gestapelten Pudding zu drücken. Ganz genauso fühlt sich das nämlich an, wenn man versucht, diesen elastischen Hund einfach wegzudrücken. Es hilft tatsächlich nur: Aufstehen, den Hund von der Couch ziehen oder wahlweise schubsen. Das hilft. Für 1 Minute. Danach geht das Spiel von vorne los.
Jaja, ich höre es schon. „Der Hund braucht ne klare Ansage!“. „Bei mir würde der das nur EINMAL versuchen.“. „Der respektiert Dich nicht, zeig ihm die Grenzen!“. Das sagt ihr so leicht dahin. Ihr habt ja auch keinen Barolo daheim mit Schmachteblick, Propellerwedeln und Kuschelbabyfell.
Ich sags ja. Ich bin hoffnungslos überfordert! Wer bietet am meisten?
Gute Nacht!
Vorsicht: Satire!
Ich gucke sonntags ja immer „Tiere suchen ein Zuhause“ im WDR. Irgendwie scheint es eine enorme Kunst zu sein, einen pubertierenden oder auch nur temperamentvollen Hund zu haben, denn in mindestens 50 % der Fälle (wenn nicht mehr) heißt in den Tierheimen der Abgabegrund: Überforderung. All die, die sich überfordert fühlen, lade ich heute ein, den Barolo, den Dustyn und mich einen Tag lang zu begleiten. Vom Aufstehen bis zum Zubettgehen. (Was der Barolo nachts so treibt, weiß ich ja nicht, und das ist vermutlich auch besser so).
Morgens. Früh, so gegen halb 8. Der Wecker klingelt. Ich hab im Moment Urlaub, der Wecker klingelt aber trotzdem, damit ich nicht so arg aus meinem Tagesrhythmus komme. Achso, ja. Mein Tagesrhythmus. Der ist seit gut 3 Monaten anders als vorher, denn vor 3 Monaten ist der liebe Barolo hier eingezogen.
Also, der Wecker klingelt, und ich höre Dustyn, der in seiner Kudde gähnt und sich streckt. Im Hundezimmer vor meinem Schlafzimmer stehen 2 Kudden. Aber nur eine wird benutzt. Ich höre außerdem ein Trampeln die Treppe hoch und weiß: Ich hab noch genau 2 Sekunden Zeit, aus dem Bett zu springen, meine Klamotten zu packen und ins Bad zu hechten, ansonsten kommt nämlich ein schwarzes Etwas ins Schlafzimmer geschossen (was es nicht darf) um mich anzuspringen (was es nicht soll). Je nach Wetterlage sind die Pfoten dieses Etwas trocken-sauber oder matschig feucht. Heut hab ich Pech: Es ist neblig draussen, Gras ist nass, und ich hab die Zwei-Sekunden-Gnadenfrist leider nicht geschafft und liebevolle 29 kg begrüßen mich und den neuen Tag. Immerhin: Ich stehe noch.
Mit den Klamotten unterm Arm geht´s Richtung Dusche. Dabei stolpere ich abwechselnd über den Barolo und den Dustyn, die beide ihrer Freude darüber, dass Frauchen endlich den seltsam-komaähnlichen Zustand namens Schlaf verlassen hat und wieder unter den Lebenden weilt, lautstark Ausdruck verleihen. So, als ob ich wochenlang auf Reisen gewesen wäre. Auf dem Weg zur Dusche fliegt das nun durch zwei nette Pfotenabdrücke verzierte T-Shirt in die Schmutzwäsche, danach versuche ich, mich vor dem Barolo ins Bad zu quetschen. Vergeblich. Dustyn bleibt freiwillig vorm Badezimmer liegen, der Barolo dagegen möchte auf meinen Schoß. Aua. Ich eile unter die Dusche. DAHIN möchte der Barolo nicht mit. Warum nur? Während ich dusche, verfolgen mich vorwurfsvolle Blicke. Schrecklich, Wasser aus irgendwelchen Schläuchen, das geht gar nicht. Da ich es mir nicht nehmen lasse, mir zu allem Überfluß auch noch die Haare zu waschen und dem Barolo diese Prozedur zu lange dauert, lenkt er sich ein wenig ab und frisst derweil die Rolle Klopapier, nachdem er sie fein säuberlich aus der Halterung gezerrt hat.
Ich föne mir die Haare, sammle das restliche Klopapier auf, das der Barolo nicht runtergeschluckt hat, und überlege, ob Klopapier wohl giftig für Hunde ist. Hilft aber eh nix, ist ja schon im Hund. Ich passe beim Treppenruntergehen auf, nicht über einen der Hunde zu fallen, und werfe die Kaffeemaschine an. Aber bitte, nicht dass ihr jetzt denkt, die armen Hunde müssten warten, bis Frauchen ihren Kaffee getrunken hat. Nein, nein. Die Zeit, bis der Kaffee durch ist, kann man sinnvoll nutzen. Wir nutzen sie heut, wie fast jeden Tag, dazu, in den Garten zu gehen. Ich gehe an Jason´s Grab, mache die zwei Kerzen aus, dann bekommt Dustyn seinen heißgeliebten Fußball (oder besser gesagt: den schleimigen Lappen, der von einem einstmals runden Fußball übriggeblieben ist. Während der Barolo den Dustyn nervt, indem er versucht, ihm seinen Ball wegzunehmen, schaufle ich sämtliche Löcher zu, die der Barolo aus Langeweile des nachts gegraben hat. Nicht, dass sich einer der Hunde noch den Haxen bricht in so einem Loch. Irgendwie wird der Anteil Gras in meinem Garten immer weniger, der Anteil umgepflügter Fläche dafür immer mehr. Aber der Garten ist ja eh für die Hunde da. Ich stehe dem Dustyn nun bei, pflücke den Barolo von einer Seite des Ball-Lappens und ignoriere die entgeistert starrenden Blicke der Nachbarin vom Nachbarhausfenster schräg-links-oben, die aufgrund der grausligen Knurrgeräusche vermutlich denkt, ich trainiere meine Hunde für illegale Hundekämpfe.
Zwischenzeitlich ist der Kaffee durch. Nachdem ich alle Gegenstände eingesammelt habe, die der Barolo nachts in den Garten geschleppt hat, gehe ich zurück in die Wohnung. Dustyn kommt mit, der Barolo bleibt wie bestellt und nicht abgeholt mitten im Garten stehen. Ich bin etwas irritiert, den „normalerweise tut er das nicht“. Aber was soll´s, soll er halt noch ein bisschen im Garten bleiben. Ich möchte ein paar Telefonate führen, während ich meinen Kaffee genieße. Schaue vorher noch mal aus dem Fenster in den Garten und werde Zeuge des ersten epileptioformen Anfalls meines Hundes Barolo. Wie vom Blitz getroffen zuckt er kurz zusammen, beginnt, im Zickzack kreuz und quer durch den Garten zu rasen, packt sich ein dort herumliegendes (feuchtes) Plüschtier, besinnt sich kurz, rast im Affenzahn Richtung Wohnung, fetzt durch den Flur, kriegt die Kurve in die Küche nicht, wirft deshalb sein Futternapfgestell mitsamt Wassernapf um, schlittert mir auf der soeben entstandenen Überschwemmung entgegen, freut sich, dass er Frauchen wiedergefunden hat und springt mit wassernapfwasserfeuchten, gartenmatschsanddreckigen Pfoten an mir hoch, bevor ich den dämlich-verwunderten Ausdruck aus meinem Gesicht wischen kann. Aber zum Wischen hab ich ja jetzt den Swiffer, mit dem ich erst mal die Überschwemmung besitige. Und Gott sei Dank gibt es Küchentücher! Das T-Shirt wandert in die Waschmaschine, und die Hosen... was soll´s, wir müssen ja eh noch Gassi gehen.
Hundefrühstück fällt heut aus, zum Trainieren nachher möchte ich hungrige Hunde. Das goutiert dem Barolo nicht. Er liegt scheinheilig auf seinem Platz, wartet, bis ich eine Telefonnummer gewählt habe und zum Sprechen ansetze, um dann ohrenbetäubend laut und stakkatomäßig auf einem seiner Quietschis herumzukauen. Wenn man telefonieren will, entspricht die Lautstärke des durchschnittlichen Plüsch-Dotties derjenigen eines startenden Jumbo-Jets. Ich drohe dem Barolo damit, dass ich statt der geplanten Rindfleisch-Suppe eine leckere Barolo-Suppe kochen werde, aber er zeigt sich unbeeindruckt. Nach der Beschlagnahme aller herumliegenden Dotties, Gummihühner und quietschender Bälle kann ich schließlich meine Telefonate zuende führen, während der Dustyn sich die Szenerie mehr oder weniger kopfschüttelnd anschaut.
Kaffeepause ist beendet, trotz grauem Schmuddelwetter und Nieselregen ist nun der große Spaziergang angesagt. Ich schneide, zwecks Motivationsverstärkung beim Training, Fleischwurst klein, werde von beiden Hunden andächtig beobachtet und vergesse dabei, dass der Dustyn zum Futterneid neigt. Auf einmal fürchterliches Gebrüll, darunter jämmerlich quietschende Schreie und ein Barolo, der die Beine – äh..Pfoten- in die Hand nimmt, um möglichst rasch eine möglichst große Distanz zwischen sich und dem brüllenden Ungeheuer zu bringen. In der relativ kleinen Küche ein hoffnungsloses Unterfangen, und so bekommt der Barolo vom Dustyn völlig zu Unrecht schon relativ früh eins auf die Nuß. Immerhin haben wir noch nichtmal 10 Uhr. Ich ziehe den Dustyn vom Barolo, untersuche den Barolo auf tödliche Verletzungen (die er, nach der Lautstärke seines Geschreis haben müsste), finde etwas Sabber im Barolofell und ein winziges Büschel Barolohaare auf dem Boden und beschließe, beim nächsten Mal Fleischwurstschneiden beide Hunde aus der Küche zu verbannen. Währenddessen bekaut der Barolo andächtig mein letztes Paar wasserdichte Schuhe, das ihm noch nicht zum Opfer gefallen ist (von den unbequemen Gummistiefeln mal abgesehen). Mein „Nein, Barolo!“ bringt mir außer, einem propellerartigen Rutenwedeln und einem steinerweichenden Blick, nicht wirklich viel. Ich nehme ihm den Schuh weg, wohl wissend, dass ich meine Schuhe zukünftig besser verstauen muß, will ich im Winter keine Barfußspaziergänge machen.
Letzte Vorbereitungshandlung für den anstehenden Spaziergang: Halsband anziehen. Leute, ich sags euch: Habt ihr einen Sternenhexer daheim, tut ihr gut daran, nicht die schön praktischen Zugstopp-Halsbänder von Camiro zu kaufen, sondern Klick-Halsbänder. Der Grund dafür ist einfach. Der Barolo macht sich einen Riesenjux daraus, jedes Mal, wenn ich ihm das Halsband über den Kopf ziehen will, das Maul sperrangelweit aufzureißen. Jedesmal, wenn ich denke „Eben hast Du´s“ stelle ich fest, dass die untere Hälfte des Halsbandes in Barolos Klappe gelandet ist. Der Hund wirft mir derweil gequält-vorwurfsvolle Blicke zu, als würde ich ihn aufzäumen wollen wie ein Pferd.
Aber auch diese Hürde nehmen wir, selbstverständlich. Linke Hand hält Baroloschnauze zu, rechte Hand zieht das Halsband drüber, und mit etwas handwerklichem Geschick sitzt dann auch das Zugstopp-Halsband, passt, wackelt und hat Luft.
Hunde ins Auto verfrachtet, und ab geht´s in Richtung Kollerinsel. Der Barolo mag das Autofahren. Mochte er schon immer. Trotzdem bin ich froh, dass er hinten in einer stabilen Alubox sitzt, denn in Autos ohne Hundebox hat er einen unglaublichen Vorwärtsdrang in Richtung Beifahrer- oder auch Fahrersitz. Den Autoschlüssel kriegt er aber erst, wenn er 18 ist und den Führerschein vorweisen kann.
Nach 25 Minuten Fahrt endlich: Die Kollerinsel! Bei diesem Sauwetter ist ausser uns kein Mensch da. „Leinen los“ ist angesagt. Der Dustyn schnuppert erst mal überall, während sich der Barolo schnurstracks auf den Matscheacker begibt und sofort fündig wird: Eine Zuckerrübe! Da man die schlecht im Stehen fressen kann, legt der Barolo sich in den Matsch. Liegend kaut es sich leichter. Ich rufe „Barolo, HIER!“, und der Barolo ist nicht blöd, das bestimmt nicht! Er weiß, dass ich Fleischwurst dabeihab, und darum gibt er beim Herankommen so richtig Gas. Das hat zur Folge, dass mein Hund leider nicht mehr rechtzeitig bremsen kann, zuerst an meine Schienbeine knallt und anschließend in Vorfreude auf die bevorstehende Fleischwurst – ihr ahnt es! – an mir hochspringt. Aber immerhin, der anschließende Vorsitz könnte sich bei jeder Begleithundprüfung locker sehen lassen!
Wir gehen weiter in Richtung Wiesen. Ich genieße den fast schon unheimlichen Anblick der wabernden Nebelschwaden über den Feldern und Wiesen und sogar die feuchtkalte Luft. Der Dustyn und der Barolo liefern sich derweil eine Tobeschlacht, bei der man denken könnte, beide Hunde hätten seit mindestens 4 Wochen keinen Auslauf mehr gehabt. Der Barolo sieht zwischenzeitlich eher aus wie ein Igel denn wie ein Hund. Da der Dustyn ihn immer wieder in den Matsch wirft, stehen die Barolohaare in stacheligen Klumpen vom Körper ab. Also erst noch mal kurz ins Wasser, naß sind die Hunde durch den Nieselregen eh schon. Danach wieder zu den Wiesen, Trockenrollen (soweit das bei Schmuddelwetter möglich ist) und Warmrennen.
Dann kommt der für den Barolo schreckliche Teil: er wird angebunden. An einen Pfosten. Aus dem einfachen Grund, weil ich mit dem Dustyn zuerst trainieren will und das schlichtweg nicht möglich ist, wenn man dauernd über einen Barolo fällt. Frauchen mit dem Dustyn trainieren zu sehen, das ist zuviel für die geschundene Baroloseele. Er hüpft, fiept, jammert, schreit, doch es hilft alles nix: Erst, wenn ich mit Dustyn fertig bin, ist der Barolo dran. Der hat zwischenzeitlich Pläne geschmiedet, wie er mir die Gemeinheit heimzahlen kann, und weiß Gott, das hat er gut hingekriegt: Beim Futtertreiben zwackt er mir mit seinen Schneidezähnen permanent in die eisig kalten Finger, dass es mir die Tränen in die Augen treibt. Eins zu Null für den Barolo! Aber noch sind wir nicht fertig miteinander! Ich weiß nämlich, welche Übung dem Barolo am schwersten fällt: die Platzübung! Da muß man nämlich trotz Hummeln im Hintern, ruhig liegen bleiben, sonst: Ade, Fleischwurst. Die Rache ist mein!
Beim Fährten nach Fleischwurststücken lassen beide Hunde die nötige Gelassenheit vermissen. Frauchen notiert im Kopf: Zukünftig fürs Fährten Frolic verwenden! Zwischenzeitlich findet der Barolo abseits der Fährte etwas, das ich zunächst nicht identifizieren kann, und macht sich damit aus dem Staub. Da das, was er da im Maul hat, sicherlich nichts Gescheites sein kann, ist es nun an mir, für den Barolo herumzuquietschen (Gott sei Dank beobachtet uns niemand), was ihn kurzfristig vergessen lässt, dass er da ja noch was im Maul hat, was er runterschlucken will. Ich schaffe es, ihm seine Beute abzunehmen: Eine tote, feuchte Spitzmaus. 400 000 qm Wiese, und der Kerl findet die tote Maus? Also wieder ab zum Wasser, damit ich mir die Hände waschen kann (es gibt Appetitlicheres als tote Mäuse...). Der Barolo nutzt die Chance, springt im hohen Bogen noch mal ins Wasser, geht unter, taucht wieder auf, dreht ein paar Runden um kommt wie eine nasse Ratte und nur halb so breit wie vorher wieder zu mir. Gerade, als ich mir Sorgen über eine mögliche Lungenentzündung machen will und beschließe, dass Eineinviertel Stunden Spaziergang bei diesem Mistwetter je eigentlich reichen, kommt uns eine seiner Freundinnen entgegen: Eine 7 Monate alte Ridgeback-Hündin. Das kann ich dem Barolo natürlich nicht antun, jetzt heimzugehen, also: Dustyn an die Leine, der Barolo rast mit seiner Freundin wie ein Irrer durchs Wasser, über die Wiesen, über Stock und Stein. In meinem Kopf rattert es. Ist das zuviel Bewegung? Was würde wohl die Züchterin dazu sagen? Indes, der Barolo kennt solche Gedanken nicht, genießt das Spiel, und angeblich war der Barolo ja der „Ruhigere“ der beiden Rüden, die seinerzeit noch zu vermitteln waren....wenn das stimmt, möchte ich nicht in der Haut des Besitzers von Baju stecken ...
Irgendwann wird es dem Dustyn und mir aber zu kalt, ich sammle den Wirbelwind ein und wir fahren heim. Und jetzt, nach getaner Arbeit sozusagen, kommt für den Barolo der schönste und allerwichtigste Teil des Tages: die Hauptmahlzeit! Es gibt Kopffleisch, Pansen und Hühnerflügel vom LIDL. Aber eigentlich ist es völlig egal, was ich da in den Napf tue, denn der Barolo registriert es eh nicht. Während der Dustyn zwar auch sehr zügig und mit Appetit frisst (ich hatte noch nie mäkelige Hunde) vibriert der Barolo beim Fressen und inhaliert den gesamten Napfinhalt innerhalb weniger Sekunden. Heute war ausnahmsweise einer der Tage, an denen der Napf nicht aus der Halterung geflogen ist. Jetzt wisst ihr, warum der Barolo kein Fleisch am Stück bekommt, sondern nur gewolft oder gewürfelt! Ochsenziemer und Ähnliches kann ich nur geben, wenn länger als 20 cm, sonst wird am Stück geschluckt!
Nach der Hauptmahlzeit ist tatsächlich Ruhe angesagt! Freiwillig verzieht sich der Barolo auf seine Decke und rüsselt. Irgendwann schläft er ein. Der Dustyn liegt derweil in seiner Kudde im Wohnzimmer und schnarcht. Ich hab jetzt die Chance, so unwichtige Sachen wie z. B. Hausarbeit zu erledigen, ohne über irgendwelche Vierbeiner zu fallen.
Irgendwann aber wird es dunkel. Und dann ist es an der Zeit, im Garten die Kerzen für meinen unvergessenen Jason anzuzünden. Selbstverständlich kommen die Hunde mit in den Garten. Könnte ja sein, dass Frauchen im Dunkeln verloren geht oder so. Und die frische Luft macht den Barolo wieder munter. Das wäre an und für sich ja nicht schlimm. Aber: ein munterer Barolo schläft nicht auf seinem Platz. Der will auf die Couch. Anfangs hab ich ihm das auch ein paar Mal erlaubt. Das war mein Verderben. Der liebe Barolo legte sich halb auf mich drauf. Auch das wäre ja nicht sooooo schlimm, das Hundebaby...ähm...der Junghund braucht halt Körperkontakt. Nur: Das Bedienen des Laptops ist mir so unmöglich, weil der Hund ständig versucht, die Maus zu fangen, die sich so komisch bewegt. Oder seine Pranke auf die Tastatur haut. Also beschloss ich die konsequente Durchsetzung des Couchverbots. Daran arbeiten wir seit geschlagenen 4 Wochen.
Die allabendliche Szene sieht so aus: Ich sitze auf der Couch und tippe etwas ins Laptop. So wie jetzt. Dann kommt der liebe Barolo mit seinem schönsten Propellerwedeln an. Es ist das wirklich ein Propellerwedeln, nicht etwa ein ordinäres rechts-links-rechts-Gewedel. Er setzt seinen niedlichsten Blick auf, dessen er fähig ist, und stellt sich erst mal NEBEN die Couch. Schon jetzt kommt mein erstes „Barolo! Denk nichtmal dran!“. Propellerwedeln. „Barolo, NEIN!“ Propellerwedeln, Vorderpfote links liegt plötzlich –patsch- auf der Couch. “Herrgott Barolo! NEIN!” Ich tu die Pfote runter. Propellerwedeln, und – patsch! Wieder ist die Pfote auf der Couch. Der Kopf mit den traurigen Augen liegt neben der Pfote. „BAROOOOOLO! NEIN!“ Wieder tu ich die Pfote runter. Der Hund hebt den Kopf mit ebendiesen traurigen Augen, und patsch – patsch! Beide Pranken liegen auf der Couch, der Vorderkörper des Hundes stemmt sich hoch. Wer jetzt sagt „Drück ihn doch einfach runter von der Couch!“ – dem empfehle ich, mal in einen 1 Meter hoch gestapelten Pudding zu drücken. Ganz genauso fühlt sich das nämlich an, wenn man versucht, diesen elastischen Hund einfach wegzudrücken. Es hilft tatsächlich nur: Aufstehen, den Hund von der Couch ziehen oder wahlweise schubsen. Das hilft. Für 1 Minute. Danach geht das Spiel von vorne los.
Jaja, ich höre es schon. „Der Hund braucht ne klare Ansage!“. „Bei mir würde der das nur EINMAL versuchen.“. „Der respektiert Dich nicht, zeig ihm die Grenzen!“. Das sagt ihr so leicht dahin. Ihr habt ja auch keinen Barolo daheim mit Schmachteblick, Propellerwedeln und Kuschelbabyfell.
Ich sags ja. Ich bin hoffnungslos überfordert! Wer bietet am meisten?
Gute Nacht!
Vorsicht: Satire!