Petra, irgendwie kommen hier zwei Dinge durcheinander:
Die Menschen, die durch ORGANSPENDEN an Tollwut erkrankt und gestorben sind, haben nichts mit einer Impfpflicht für Hunde zu tun. Der Auslöser war in Indien zu suchen, nicht in Deutschland. Wenn ich in einem Land, das derart tollwutverseucht ist wie Indien, von einem Hund gebissen werde, lasse ich mich auf jeden Fall impfen, ebenso, wenn ich in Deutschland von einem WILDTIER gebissen werde. (Wildtiere sind üblicherweise scheu!).
Ich kann zwar verstehen, dass Du das als Durcheinander empfindest, es war aber nicht als solches gedacht. Der Fall dieser jungen Frau soll nur deutlich machen, dass man sich des Risikos nicht unbedingt bewusst sein muss (nach Aussage ihrer Mutter war die Tochter ja nicht einmal gebissen worden, es war nur eine kleine Verletzung weil der Hund zu stürmisch war) und das gilt unabhängig davon, ob der Vorfall in Indien passiert ist oder hier. Lediglich beim Infektionsrisiko spielt der Ort des Geschehens eine - zugegebenermaßen - riesige Rolle.
Desweiteren wollte ich mit diesem Fallbeispiel darstellen, dass zumindest Human-Mediziner hierzulande mangels (glücklicherweise!!) fehlender Erfahrung nicht mehr imstande sind, eine Tollwut zu erkennen, wenn sie sie sehen. ...wobei in diesem Fall auch eine mangelhafte Anamnese verantwortlich war...
Einer dieser Menschen hat übrigens überlebt. Er war als Jugendlicher gebissen und danach ein einziges Mal gegen Tollwut geimpft worden.
Nicht nur einer! Drei haben überlebt. Der von Dir zitierte Patient, der (laut wikipedia) 15(!) Jahre vor der Transplantation geimpft worden war und zwei Patienten, die lediglich Hornhaut transplantiert bekommen hattn. Die transplantierte Hornhaut wurde entfernt und untersucht. Es konnten keine Tollwut-Erreger gefunden werden. Alle drei überlebende Patienten hatten keinerlei Symptome.
Der nach 15 Jahren noch aktive Impfschutz ist natürlich eine deutliche Bestärkung Deiner Argumentation. Aber deshalb diskutieren wir ja.
Die Titerbestimmung kannst Du genauso in Gesetzesform gießen wie die Impfung. Ein bestimmter Titer muß vorhanden sein und alle 3 Jahre kontrolliert werden. Dann gibt´s einen Eintrag. Fertig.
Ja, vielleicht in Gesetzesform gießen. Und ich gebe zu, es ließe sich (bei Eintragung ins Impfbuch) genauso gut oder schlecht überprüfen wie eine Impfung. Bei der Akzeptanz der Bevölkerung (und der damit einhergehenden Bereitschaft, sich auf das prozedere einzulassen) bin ich mir da aber nach wie vor nicht sicher. Die klare Aussage "Impfen muss!" ist den Köpfen häufig eher eingänglich als "Impfschutz muss! Teste! Wenn Test nicht zufriedenstellend, impfe!" Verstehst Du, was ich meine? Das hatte ich bei der "Gesetzesform" auch im Hinterkopf, habe es aber dummerweise nicht ausformuliert.
Trotzdem ist und bleibt Deutschland in vielen Gegenden ein gefährdetes Gebiet für Wildtollwut.
Aktuelle amtliche Tollwut-Zahlen für das 3. Quartal 2007 (mit knapp 6 monatiger Verspätung veröffentlicht
Quelle: Rabies Bulletin Europe. (
)
4 Fälle, und zwar alles Fledermäuse: 2 Fälle in Berlin, 1 Fall in Mecklenburg-Vorpommern, 1 Fall in Baden-Württemberg.
Kein Fuchs, kein Haustier.
Österreich: null Tollwutfälle vom 1. 1. bis 30. 9. 2007
Schweiz und Liechtenstein: null Fälle.
Das sind sehr schöne Zahlen, und in Verbindung mit den bei Wikipedia veröffentlichten älteren Zahlen zeigen sie, dass die Tollwutgefahr weiter abnimmt. Ich bin die letzte, die sich darüber beschweren würden!
Aber ich verfüge auch über ein tiefes Misstrauen. Ich befürchte einfach, dass die öffentliche Hand (und nicht nur die) bei diesen Zahlen schludrig werden könnte, was das Ausbringen von Impfködern/Impfungen betrifft. Und dann wäre die Situation ganz schnell eine andere. Aus dem Humansektor fällt mir analog dazu die Polio-"Epidemie" von vor ca. 12 Jahren in den Niederlanden ein. Natürlich war es keine Epidemie im klassischen Sinne, aber die Anzahl der Fälle (einer Erkrankung, die in Mitteleuropa als quasi nicht mehr existent galt), war schon alarmierend. Ich lebte zu der Zeit in Düsseldorf, also nicht weit von der holländischen Genze. Du wirst es nicht glauben, aber die Polio-Impfstoffe in NRW wurden knapp! Weil unglaublich vielen Menschen plötzlich aufgefallen ist, dass sie ja seit Jahren keinen Impfschutz mehr haben. Weil: Wozu? Weil: Polio gibt's ja nicht mehr. Angeblich.
Und wie schnell sich ein Hund oder eine Katze bei einem infizierten Wildtier anstecken kann, darüber brauchen wir wohl nicht zu diskutieren.
Doch, denn gerade DAS finde ich diskussionswürdig.
Ich auch.
Ganz ehrlich: Daß die Wahrscheinlichkeit, dass ein Hund sich hierzulande mit T infiziert, verschwindend gering ist,
Da will ich Dir bei Hunden gar nicht widersprechen! Bei Katzen bin ich mir nicht so sicher, wenn ich lese, dass die paar wenigen Tollwutfälle bei Fledermäusen aufgetreten sind und diese Information mit dem beobachteten Verhalten meiner Freigängerkatzen in Verbindung bringe. Die bringen so ziemlich alles nach Hause, was die hiesige Fauna zu bieten hat und klein genug ist. ...und nicht alles, was sie (vor allem Pia) heimbringen ist noch lebendig oder frisch verstorben... Und man bedenke, dass sie ja bei weitem nicht jede Beute nach Hause bringen (wofür ich durchaus dankbar bin...).
Und wenn es Schwachmaten gibt, die glauben, illegal (!!!) Hunde aus Indien, Aserbaidschan oder sonstwo anschleppen zu müssen, und diese Hunde dann erkranken... daran änderst Du mit einer Impfpflicht für D auch nichts! Das ist menschliche Dummheit!
Nein, diesen Schwachsinn würde man mit einer Impfflicht natürlich nicht unter Kontrolle bringen. Aber man bräuchte sich um die heimischen Haustiere mit Impfschutz keine Gedanken machen. Was nicht nur schön für Tier und Halter wäre, sondern auch eine mögliche Ausbreitung sehr erschweren würde.
Nicht falsch verstehen.
Ich bin FÜR einen Impfschutz von Hunden und Katzen gegen Tollwut.
Aber die obigen Zahlen sprechen für sich, und hieraus kann ich keine Notwendigkeit ableiten, eine Impfpflicht für T in Deutschland einzuführen
Ich verstehe Dich nicht falsch, und ich habe die Frage in erster Linie auch deshalb gestellt, weil mich eben die Argumente der "anderen Seite" (die ja keine echte "andere Seite" ist) interessiert haben. Denn im Kern sind wir uns ja einig: Tollwutimpfschutz ist sehr wichtig.
Viele Grüße
Petra