Ich beobachte ein ungeschriebenes gesellschaftliches Gesetz, dass vom Halter
eines Hundes erwartet, dass er nach einem Vorfall handelt.
Das wird dann als Art der gesellschaftlichen Rehabilitierung gewertet.
Ich weiß, dass dich dieses Thema sehr umtreibt, und kann das gut verstehen. Ich sehe nur diesen speziellen Fall doch etwas anders gelagert.
Es wurde ganz einfach erwartet.
(...)
Tiere, die einen Menschen töteten wurden, unabhängig vom Verschulden, getötet.
Ich weiß, ich kenne das auch noch so.
Das hat ja bis zu einem gewissen Punkt sogar eine Berechtigung insofern, als es noch aus einer Zeit stammt, als man über Tierverhalten und die Auslöser im Grunde wenig bis gar nichts wusste - und ja auch darauf angewiesen war, mit Tieren sicher umzugehen.
Um in einer Dorfpopulation zu garantieren, dass aggressive Hunde nicht überhand nehmen, ist es das einfachste (und wirksamste), jeden Hund, der
unkontrolliert beißt, auszusortieren. Dito übrigens zur Tollwutprophylaxe, die so heute zum Glück nicht mehr nötig ist.
Eine Kuh, die einmal herausgefunden hat, dass sie jeden Menschen bei Meinungsverschiedenheiten mühelos an die Wand quetschen kann, ist ein Sicherheitsrisiko. Ein Pferd, das so schreckhaft ist, dass es immer wieder durchgeht, desgleichen, wenn seine Aufgabe eigentlich ist, am Straßenverkehr teilzunehmen.
Dass dann immer wieder auch Fälle dabei waren, wo eher katastrophales Missmanagement der Besitzer die Ursache war, als Wesensmängel vom Tier, wurde mangels Alternativen und teilsb mangels besseren Wissens in Kauf genommen.
(Im Übrigen war man mit
Menschen, die aus der Rolle fielen, damals mE auch oftmals weniger rücksichtsvoll als heute, und das hat sich auf dem Land auch noch ziemlich lange so gehalten.)
Edit: Nicht falsch verstehen, ich finde das nicht gut und es ist auch nicht meine Meinung. Ich sehe nur, oder glaube zu sehen, wo es herkommt.
Was es mir leichter macht, erstens damit umzugehen und zweitens im Zweifelsfall auch dagegen anzuargumentieren.
Würde man das Verweigern, würden wahrscheinlich unweigerlich Stimmen laut, dass man Schaden schulterzuckend in Kauf nimmt, für das eigene Recht seine Tiere zu halten. Oder so ähnlich.
Ja, teils ist das so. Daran kann ich mich gut schon aus meiner Jugend erinnern, als die ersten Hundebesitzer nicht mehr so einfach bereit waren, diesem Diktat unbedingt Folge zu leisten.
(Ich erinnere mich zB an einen Fall, wo ein Schäferhund auf einem kombinierten Fuß-Radweg nach einer vorbeiradelnden Frau geschnappt hat... irgendwie ein Vorfall, den ich auch damals bereits recht einfach vermeidbar fand, sodass ich die Notwendigkeit einer Einschläferung gar nicht unbedingt gesehen habe.)
Wenn der Spacko damals Kind 1 wirklich ernsthaft erwischt hätte - wonach es im ersten Moment ja durchaus aussah - hätte ich trotz der Umstände (herumzappelndes Kind fiel auf Hund und ich versperrte den einzigen Fluchtweg) auch niemandem (Und damit meine ich meinene Mann als Mit-Erziehungsberechtigten und zB das Jugendamt, an dass er sich vermutlich gewendet hätte, wenn ich mich stur gestellt hätte) mehr klarmachen können, dass ich den Hund behalten möchte, "weil er nichts dafür kann" und der Fehler meiner war.
Und das nichtmal unbedingt wegen des Hundes.
Die Leute hätten in diesem Fall argumentiert, dass
ich nicht in der Lage bin, alleine die Lage hier im Haus so zu händeln, dass ich beiden Seiten (Hund und Kleinkind) gerecht werde und niemand gefährdet wird. - Und genau genommen hätten sie völlig Recht gehabt.
Nun war der Hund ne Hausnummer und nicht einfach zu vermitteln, und wir wussten bereits, dass er eine Zwingerunterbringung extrem schlecht verträgt. - Es ist also klar, was daraus letztlich gefolgt wäre.
Nicht, weil "ein Hund sterben muss, der einen Menschen getötet hat" - sondern weil das leider von Anfang an die wahrscheinlichste Alternative gewesen wäre, wenn wir diesen Hund nicht mehr hätten halten können. Und wenn der Hund das Kind ernsthaft verletzt hätte, und ich mich länger im Krankenhaus hätte drum kümmern müssen, hätten wir das schon darum nicht mehr gekonnt, weil mein Mann ja die allermeiste Zeit gar nicht vor Ort war und man diesen Hund eben nicht jedem einfach so in die Hand hätte drücken können.
Ich hätte mir in jeder Beziehung Vorwürfe ohne Ende gemacht - aber das hätte am Ergebnis nichts geändert.
Es haben ja auch so schon genug Leute es für "egoistisch" gehalten, dass ich den Hund behalten habe...
(War es auch - ich wollte mir nicht selbst vorwerfen, ein Tier aufgenommen zu haben und mich dann nicht angemessen drum zu kümmern. Und er konnte einfach nirgendwo anders hin.)
Kurzum, ein Retriever der als Haushund ein Kind verletzt, wäre sehr viel einfacher zu halten, aber bei den Doggen fehlt mir auch die Zukunftsperspektive.
Danke, genau das habe ich gemeint.