Gugl, in den Grundzügen
gibt es zwischen tierischer und menschlicher Evolution keine Unterschiede.
Man sollte sich aber
hüten (mit mindestens drei !!! Ausrufezeichen !!!),
biologische Zusammenhänge auf kulturhistorische zu übertragen. Die biologischen Grundlagen auch kulturhistorischer Phänomene werden zwar meiner Meinung nach von Kultur- und Sozialwissenschaftlern viel zu selten berücksichtigt (und in dem Zusammenhang fand ich einige Forschungsergebnisse diverser Verhaltensforscher - auch von Lorenz selbst - durchaus interessant und relevant)... aber genauso verquer und falsch wäre es, zu glauben, dass die Biologie das
einzige ist, was unser Zusammenleben und unsere Entwicklung regelt, und dass "die Biologie", oder "die Genetik" etwas unabänderlich festschreibt und der Mensch praktisch gar keinen Einfluss darauf hat.
Es ist aber, nüchtern betrachtet, nicht selten, dass Pioniere auf einem bestimmten Forschungsgebiet dazu neigen, die Auswirkungen ihrer Entdeckungen zu überschätzen, und sich in der Deutung ihrer Ergebnisse in "ungeahnte Höhen" versteigen und am Ende evtl. sogar veritablen Unfug verzapfen..
Das sieht man zB auch an Freud, der heute ja in der Regel belächelt wird, und regelmäßig als
das Beispiel für "bescheuerte Psychologen" herhalten muss - dessen Beitrag für ein modernese Verständnis vom Menschen und der seelischen Entwicklung gerade vor dem Hintergrund des Menschenbildes der Zeit, in der er aufgewachsen ist, gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
Das ist schon was anderes, ob ein Psycho wie Streicher das sowas raushaut oder eine Koryphäe wie Lorenz.
Das ist richtig - wobei er sicherlich lange nicht der einzige war, der "sowas" rausgehauen hat und später unbehelligt weitergeforscht (und seine Ansicht vielleicht sogar revidiert) hat... die Annahme, dass bestimmte Eigenschaften eins zu eins an die "Rassezugehörigkeit" und im Einzelnen dann sogar an die "Volkszugehörigkeit" geknüpft sei, galt ja gerade zu seinen "Anfängen" durchaus als "seriöse" wissenschaftliche Hypothese und wurde so an Hochschulen gelehrt, so traurig das auch ist. Dass jemand dann diese akademische Meinung teilt, bis etwas besseres daherkommt oder das Gegenteil bewiesen ist, ist so ungewöhnlich nicht. Nüchtern betrachtet - mit Rassismus als einer "wissenschaftlichen" Theorie wie jeder anderen auch - wäre das so, als würde man einem Physiker seine Ehrungen entziehen, weil er einst, als das sozusagen auf seinem Gebiet Stand der Forschung war, an das Bohrsche Atommodell geglaubt hat (das, nachdem die Protonen und die Elektronen kleine Kügelchen sind, die kreisförmige Bahnen ziehen). Nur weil man
heute weiß, dass es Humbug ist.
Sollte er so etwas wortgleich in den 1970er Jahren oder später noch behauptet haben, wäre ich da eher bei dir. - Aber selbst dann würden die falschen Schlüsse aus seinen Beobachtungen die Ergebnisse der einzelnen Experimente nicht automatisch auch falsch machen, und gleich die ganze Verhaltensforschung diskreditieren.
Das ist aber eigentlich für das, was ich sagen wollte, völlig unerheblich, denn was ich geschrieben habe, bezog sich weniger auf seine Aussagen (von daher habe ich nichts "schöngeredet" - ich fände es
mindestens ebenso verwerflich, mit Inbrunst den Rassisten zu geben, um Geld abzugreifen und sich bei Personen von Einfluss anzubiedern, wie, einer zu sein).
Ich finde nur die Begründung, er habe sich die "Ehrendoktorwürde durch Verschweigung seiner Nazi-Vergangenheit
erschlichen", schwach.
Hätten sie gesagt: "Jo, der hat sich damals sehr nationalsozialistisch geäußert, seine Ansichten nie wirklich komplett revidiert, inwieweit er selbst an zweifelhaften Studien beteiligt war, lässt sich auch nicht mehr nachprüfen, deswegen wollen wir ihn nicht mehr!", wäre das für mich völlig okay gewesen.
Aber: "Der hat ja eigentlich uns getäuscht, indem er, als wir ihn gebeten haben, nicht gesagt hat: "Nee, lasst mal, eigentlich bin ich doch ein alter Nazi, wollt ihr das wirklich?" " - Wie seltsam ist das denn bitte?