Der Tod von Shiwa und Natalies Berichte über die Zeit danach und ihre Trauer ließen mich noch öfter als sonst an meinen kleinen Seelenhund denken. Im Moment sind es Frl Hilde von Pommel mit ihrer Nasengeschichte und das Lieschen von Brille die mich immer wieder an meinen kleinen denken lassen (was ist zur Zeit bloß los hier).
Ich kann nicht sagen was uns zusammengeführt hat. Ich wollte keinen Hund der so heißt wie mein frisch verstorbener Liebling (Nico). Ich wollte keine halbe Portion, und schon gar keinen Staffbull-Mix. Ich mochte Staffbulls nicht besonders, ein "richtiger" Hund sollte es sein. Ein AmStaff aus dem Bilderbuch, so breit wie hoch mit dickem Quadratschädel. Ich fand das Gegenteil, aber ich fand meinen Seelenhund.
Vor ein paar Tagen überwogen die traurigen Erinnerungen. Die Zeit in der Klinik zum MRT, der Abend mit heftigstem Nasenbluten. Mir fehlte die kleine Fellkugel die nachts an meinem Bauch geschlafen hat. Der Blick bis in die Seele, der Geruch... Keine meiner Nasen hier konnte mich trösten, ich wollte meinen Romeo wiederhaben.
Dann habe ich gemerkt das das Lächeln überwiegt. Zu viele Anekdötchen begleiten mich in meinen Erinnerungen an einen Hund den Frau Schürmann immer augenzwinkernd den Staff mit den krümmsten Beinen der Welt nannte.
Wie ein kleiner König hat er sich in seinem Romeomobil durch die Gegend fahren lassen. Auch an seinem letzten Tag haben wir noch eine wunderschöne Runde gedreht.
So großartig hat er den Einzug der Dampfwalze namens Scott gemeistert. Mich mit großen fragenden Romeoaugen angeschaut wenn Scott was ungeheurliches getan hat, z.B. Sachen von der Arbeitsfläche klauen und den Müll räubern. Und das war nicht selten
Über meinem Bett hängt ein Bild das den typischen Romeo-Blick so toll eingefangen hat.
Romeo war ein sehr ernster Hund. Er konnte auch albern sein und sich richtig freuen, aber vom Wesen her war er nicht so ein Lebehund wie Scott sondern eher die Sorte "das Glas könnte aber auch halb leer sein statt halb voll".
Er konnte mich aber auch etwas zweifelnd angucken mit so einem Blick "was machst du denn jetzt wieder, wirds denn wohl gehen?". Und schon mußte ich lächeln und den armen Kerl wieder knutschen.
Dieses Kantenhocker-Foto hat ihm den Spitznamen "Mister Cool" eingebracht
Im Moment überwiegt wieder die Sehnsucht, ich könnte ständig von jetzt auf gleich losheulen.
Mein "Plan" damals war, den kranken Scotte bei uns aufzunehmen und ihm noch eine wunderschöne Zeit zu bereiten. Die Prognose lautete "wenn überhaupt ein Jahr" und ich habe gedacht, selbst wenn Henja und Romeo den neuen nicht toll finden, das eine Jahr würden sie schon durchhalten. Danach könnten wir ja wieder ganz für uns leben und alles nachholen. Dumm nur das das Schicksal anders spielte. Zum Glück wurden die drei ein supertolles Team und Scott war keine ernsthafte Belastung für meine beiden Schätze.
Aber Romeo fing schon kurz vor Scottes Einzug an mir Sorgen zu machen.
Er hatte nachts Atemprobleme, fing an zu schnorcheln, zeigte das was man „Rückwärtsniesen“ nennt (doofes Wort). Wir fingen mit der harmlosesten Diagnose an, Erkältung. Es folgte die Allergie, laut Test auf Hausstaubmilben und Gräserpollen, weiter ging es mit Nasen-/Rachenmilben. Es wurde nicht besser, eher schlimmer. Dann wurde eine Lungenfibrose diagnostiziert und behandelt. Die Zähne geröntgt, der Kopf, alles ohne besonderen Befund. Die Atemprobleme wurden schlimmer, der Ausfluß schleimig. Dann kam der Abend mit dem Nasenbluten. Es wurde so heftig dass wir in die Klinik gefahren sind. Einzige Möglichkeit es zu stillen war das tamponieren in Narkose. Es folgte die allerschlimmste Nacht weil der Kleine dort bleiben mußte. Die Überlegung per Sonde reinzugucken stand im Raum, es gab die Hoffnung dass es nur ein Fremdkörper ist, z.B. eine Granne. Allerdings haben wir uns dann für das CT entschieden weil die Gefahr bestand dass man bei der Endoskopie nicht genug sieht, wegen Schleim und Blut im Nasenraum.
Das CT-Ergebnis war niederschmetternd.
Romeo hatte einen Tumor in der Nase, schon so weit fortgeschritten dass Knochen angefressen waren und es Wucherungen allüberall gab. Wir entschieden uns ihn aus der Narkose zu holen ohne Proben zu entnehmen, die Bilder waren deutlich genug.
Die Diagnose lautete damals „ganz vielleicht ein halbes Jahr“.
Wir sind nach Hause gefahren, haben die Nierendiät über Bord geworfen, gefuttert was schmeckte und gekuschelt was die Zeit hergab. Ich habe es damals tatsächlich geschafft die Zeit zu genießen und nicht durch vorzeitige Trauer zu beschweren. Ich wollte auf keinen Fall das mein Romeo seine letzte Zeit mit einem traurigen Frauchen verbringt und in ständiger Sorge um mich durch die Gegend wackelt. Er war immer derjenige er mich genau beobachtet hat und immer schnell die Sorgenfalten auf der Stirn hatte wenn es mir schlecht ging.
Nur eine Woche nach Diagnosestellung hat der Tumor Knochen am Auge zerstört
und das Auge hochgedrückt. Das war der Tag an dem ich meinen Romeo habe gehen lassen. Ich wollte keine erneute Blutung riskieren, meinem Tierarztpaniker einen erneuten Klinikbesuch ersparen und auf keinen Fall wollte ich ihn in kalter Tierarztatmosphäre gehen lassen müssen.
Mein kleiner Mann, du fehlst mir so sehr. Dein Blick, dein Geruch, das schlurfen deiner krummen Beinchen auf den Fliesen. Ich höre dich geradezu. Wenn Scotte mir mal wieder Sorgen macht sehe ich dich fast vor mir, wie du mich sorgenvoll anguckst und mich tröstest mit diesem tiefen Blick wie nur du das konntest. Und immer wenn ich mittags im Wald bin und mal einen Schmetterling sehe der unseren Weg kreuzt denke ich an dich, meine zarte Seele und schicke dir Liebesgrüße…