Zum - vielleicht - besseren Verständnis: Durch meine gestrige "Unterhaltung" mit
@Troubadix bin ich erst zu der Erkenntnis gelangt, daß ganz offenbar in SH die "tierärztliche Begutachtung", die klären soll, ob ein auffällig gewordener Hund (also nach einer Anzeige) tatsächlich gefährlich ist, nicht gleichzusetzen ist mit dem Wesenstest. Es gibt zwei unterschiedliche Listen von Personen die einerseits die Begutachtung, andererseits den Wesenstest durchführen dürfen.
"
Zugelassene Tierärzte/innen und weitere berechtigte Personen für die Abnahme des Wesenstests (Achtung: Nicht alle hier gelisteten Fachpersonen für die Abnahme des Wesenstest dürfen gleichzeitig die tierärztliche Begutachtung durchführen)":
"Liste der Tierärzte mit Fachanerkennung im Bereich Verhaltenskunde und/oder Verhaltenstherapie":
Auf der erstverlinkten Liste taucht auch Michael Grewe auf. Soviel ich weiß, hat der vor Inkrafttreten des alten Gesetzes (also vor dem 1. Mai 2005) Begutachtungen vorgenommen. (Mir ist klar, daß bei diesem Thema diversen Usern das Messer in der Tasche aufgehen dürfte, ich will hier auch keinesfalls Herrn Grewe und/oder dessen Methoden verteidigen, sondern mit den Informationen, über die ich verfüge, lediglich zu einem besseren Verständnis beitragen.
) Das Vorgehen bei diesen Begutachtungen (also vor 2005) wurde mir wie folgt beschrieben: beim ersten Termin Kennenlernen und Gespräch mit den Haltern; beim zweiten Termin Begutachtung des Hundes in "seinem" Haushalt; beim dritten Termin Begutachtung des Hundes bzw. des Hund-Halter-Teams in der Öffentlichkeit. Sollte dies tatsächlich so durchgeführt worden sein (mir ist es so geschildert worden von einer Mitarbeiterin), erscheint mir das als durchaus vernünftiger Ansatz für eine Beurteilung. Über die Kosten dieser Beurteilungen ist mir nichts bekannt.
Mit Inkrafttreten des Gesetzes von 2005 war es - sozusagen von heute auf morgen -
nur noch Tierärzten gestattet, einen Wesenstest abzunehmen, und die Gebühr für diesen Test wurde verbindlich festgelegt. (Ein Schelm, wer Böses dabei denkt .....) Meines Wissens ging damals Michael Grewe anwaltlich gegen diese Regelung vor (von anderen Trainern bzw. Sachverständigen ist mir in dieser Hinsicht nichts bekannt), und es gelang ihm tatsächlich (siehe erstverlinkte Liste), die Berechtigung zur Abnahme von Wesenstests zu erhalten - unter zwei Bedingungen: Zum einen wurde er verpflichtet, den WT genauso durchzuführen, wie ihn die berechtigten Tierärzte durchführten, zum anderen wurde er verpflichtet, exakt dieselbe Gebühr zu erheben.
Ob der Wesenstest mittlerweile überhaupt noch eine Rolle spielt, weiß ich nicht, da ganz offensichtlich für die Frage nach der Gefährlichkeit die tierärztliche Begutachtung entscheidend ist, die - ganz nebenbei - offenbar noch um einiges kostspieliger ist als der Wesenstest.
Aber bitte nicht so, nicht wegen hörensagen und irgendwelchen Kleinigkeiten. Das ist in meinen Augen ein absolutes nogo.
Dieses Problem besteht nicht erst seit dem Gesetz vom 01.01.2016, sondern bereits (mindestens) seit dem 01.05.2005, denn das sog. "Gefahrhundegesetz" (von 2005) galt eben
nicht nur für gefährliche Hunde (egal, ob aufgrund ihrer Rasse eingestuft oder auffällig geworden), sondern auch damals schon für
alle Hunde. Und auch in diesem Gesetz war u. a. vom "gefahrdrohenden Anspringen" (oder wie auch immer, habe jetzt nicht nachgesehen) etc. pp. die Rede. Allerdings wurde von den meisten "Normalhunde"-Haltern nicht wahrgenommen, daß sie und ihre Hunde genauso betroffen waren bzw. im Falle einer Anzeige genauso betroffen gewesen wären wie die Halter von Listenhunden. Ich bin mir nicht sicher, wieviel sich in dieser Hinsicht geändert hat. Meine - ganz subjektive - Vermutung ist, daß z. B. in Niedersachsen, wo z. B. Sachkundenachweis und Anmeldung beim Register für das Halten eines jeden Hundes gesetzlich verankert sind, das Bewußtsein dafür, daß das Hundegesetz für alle gilt, größer sein könnte als hier.
Ein Gesetz ist dafür da, eine rechtliche Grundlage zu schaffen. Die ist notwendig, damit Verstöße geahndet werden können bzw. die vielzitierte Sicherheit für die Bürger gewährleistet werden kann. Dafür, daß die gesetzlichen Grundlagen mißbraucht werden (können), ist nicht das Gesetz verantwortlich, auch nicht diejenigen, die es formuliert haben, sondern diejenigen sind verantwortlich, die es mißbrauchen. Mit anderen Worten: Wenn mein Nachbar sauer ist, weil er meint, daß unser Unkraut zu selten beseitigt wird (oder aus welchem Grund auch immer), und wenn er mir deshalb gern eins auswischen möchte, könnte er z. B. beim Ordnungsamt behaupten, einer meiner Hunde sei gefährlich, weil er ihn angesprungen und er sich bedroht gefühlt hätte. Das macht aber nicht das Gesetz schlechter, als es ist, sondern spiegelt ein Stück unserer Gesellschaft.
Bereits an anderer Stelle habe ich geschrieben, daß die Mitarbeiter der Ordnungsämter in den allermeisten Fällen weder besonders sachkundig, was die Hundehaltung anbetrifft, noch besonders erfahren im Umgang mit solchen Angelegenheiten sind. Beides kann ihnen aber m. E. nicht zur Last gelegt werden: Sie sind mit vielen verschiedenen Dingen befaßt, haben oft selbst keine Hundeerfahrung, und Anzeigen aufgrund des Hundegesetzes sind - zumindest hier- wohl auch nicht gerade häufig.
Die Auswirkungen, die eine solche Anzeige mit sich bringt, sind - wie man am Beispiel von
@Troubadix sieht - enorm und vielschichtig. Und sie können - egal wo -
jeden Hundehalter treffen - egal, ob in einem Bundesland mit Rasseliste oder in Niedersachsen, Schleswig-Holstein oder - hoffentlich bald - Thüringen. Der einzige - und für mich als langjährigen "Listenhund"-Halter -
bedeutende Unterschied besteht darin, daß ich als Bürger dieses Staates nicht vorverurteilt und hinsichtlich meiner Rechte schlechter gestellt werde als meine Mitbürger, nur weil ich einen (oder mehrere) Hund(e) bestimmter Rassen besitze.
Danke für's Lesen an alle, die bis hier durchgehalten haben.