Wolfgang
KSG-Haarspalter™
Stuttgarter Zeitung
Ein uneinsichtiger Hundehalter sorgt für Befremden beim Richter und beim Staatsanwalt
LUDWIGSBURG/MÖGLINGEN. Weil sein Schäferhund immer wieder Menschen gebissen hat, ist ein Möglinger gestern zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Der 75-Jährige zeigte sich in der Verhandlung allerdings uneinsichtig. Ihm sei das alles wurscht, gab er zu verstehen.
Von Lukas Jenkner
Mitunter offenbaren Angeklagte vor Gericht ein erstaunlich abwegiges Rechtsempfinden. "Körperverletzung, wenn ich das schon höre", war der Kommentar des 75-Jährigen, der sich vor dem Ludwigsburger Amtsgericht zum nunmehr dritten Mal verantworten musste, weil sein Schäferhund erneut einen Menschen gebissen hatte. In dem verhandelten Fall war es ein Fernfahrer aus Oldenburg, den der Zufall im März auf das Möglinger Firmengelände des 75-Jährigen verschlagen hatte: Er wollte nach dem Weg fragen. Dazu kam es aber gar nicht erst, der Hund stellte den 51-Jährigen und biss ihm ins Bein. Das Opfer erlitt eine stark blutende Wunde.
Eine Bagatelle sei das, schimpfte der Unternehmer, und eine sehr eigenartige Rechtsprechung, deshalb vor Gericht stehen zu müssen. "Ich arbeite seit mehr als 60 Jahren, wenn Sie wüssten, was ich schon für Verletzungen hatte", ließ er den Richter wissen. Mehr wollte der 75-Jährige nicht sagen. Ihm sei das alles sowieso "vollkommen wurscht". Ende des Jahres wolle er sein Geschäft aufgeben, "dann geht mich das alles nichts mehr an". Den Hund werde er entweder totschlagen oder erschießen lassen. Wenige Minuten zuvor hatte er noch gesagt, dass er dies schon längst getan hätte, wenn er das Tier nicht so lieben würde.
Warum er den Vierbeiner denn nicht im Zwinger oder mit einem Maulkorb halten würde, fragten sowohl Richter als auch Staatsanwalt. Beides war dem Angeklagten in früheren Verfahren zur Auflage gemacht worden. Der Hund hatte nämlich nicht zum ersten Mal zugebissen. Bereits im September 2001 und im Mai 2002 war sein Herrchen deshalb zu Geldstrafen verurteilt worden.
Die Antwort auf die Frage des Richters und des Staatsanwaltes blieb der Firmenchef allerdings schuldig. Er redete sich lieber weiter um Kopf und Kragen. Jeden Morgen spaziere er mit seinem Hund über die Felder und lasse ihn dabei frei laufen. "Da ist nie was passiert." Das nahm der Staatsanwalt mit offenem Mund zur Kenntnis, weil dies im Grunde ein weiterer Verstoß gegen die Auflagen war, der in den Anklagevorwürfen gar nicht enthalten war. "Sagen Sie jetzt am besten gar nichts mehr", riet der Staatsanwalt deshalb dem Angeklagten schließlich.
Weil der Hund nun schon zum dritten Mal zugebissen hatte und sich der Angeklagte während des Verfahrens nach Auffassung des Richters uneinsichtig zeigte, blieb es nicht mehr wie bisher bei einer Geldstrafe. Der 75-Jährige bekam eine viermonatige Freiheitsstrafe aufgebrummt, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt ist. Bleibt zu hoffen, dass der Unternehmer das Tier lieber in ein Tierheim gibt, als es totzuschlagen. Das wäre nicht nur für den Hund besser, sondern auch für sein Herrchen. Schlechtestenfalls droht dem 75-Jährigen ein weiteres Verfahren: wegen eines groben Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz.
Aktualisiert: 04.11.2003, 05:04 Uhr
Ein uneinsichtiger Hundehalter sorgt für Befremden beim Richter und beim Staatsanwalt
LUDWIGSBURG/MÖGLINGEN. Weil sein Schäferhund immer wieder Menschen gebissen hat, ist ein Möglinger gestern zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Der 75-Jährige zeigte sich in der Verhandlung allerdings uneinsichtig. Ihm sei das alles wurscht, gab er zu verstehen.
Von Lukas Jenkner
Mitunter offenbaren Angeklagte vor Gericht ein erstaunlich abwegiges Rechtsempfinden. "Körperverletzung, wenn ich das schon höre", war der Kommentar des 75-Jährigen, der sich vor dem Ludwigsburger Amtsgericht zum nunmehr dritten Mal verantworten musste, weil sein Schäferhund erneut einen Menschen gebissen hatte. In dem verhandelten Fall war es ein Fernfahrer aus Oldenburg, den der Zufall im März auf das Möglinger Firmengelände des 75-Jährigen verschlagen hatte: Er wollte nach dem Weg fragen. Dazu kam es aber gar nicht erst, der Hund stellte den 51-Jährigen und biss ihm ins Bein. Das Opfer erlitt eine stark blutende Wunde.
Eine Bagatelle sei das, schimpfte der Unternehmer, und eine sehr eigenartige Rechtsprechung, deshalb vor Gericht stehen zu müssen. "Ich arbeite seit mehr als 60 Jahren, wenn Sie wüssten, was ich schon für Verletzungen hatte", ließ er den Richter wissen. Mehr wollte der 75-Jährige nicht sagen. Ihm sei das alles sowieso "vollkommen wurscht". Ende des Jahres wolle er sein Geschäft aufgeben, "dann geht mich das alles nichts mehr an". Den Hund werde er entweder totschlagen oder erschießen lassen. Wenige Minuten zuvor hatte er noch gesagt, dass er dies schon längst getan hätte, wenn er das Tier nicht so lieben würde.
Warum er den Vierbeiner denn nicht im Zwinger oder mit einem Maulkorb halten würde, fragten sowohl Richter als auch Staatsanwalt. Beides war dem Angeklagten in früheren Verfahren zur Auflage gemacht worden. Der Hund hatte nämlich nicht zum ersten Mal zugebissen. Bereits im September 2001 und im Mai 2002 war sein Herrchen deshalb zu Geldstrafen verurteilt worden.
Die Antwort auf die Frage des Richters und des Staatsanwaltes blieb der Firmenchef allerdings schuldig. Er redete sich lieber weiter um Kopf und Kragen. Jeden Morgen spaziere er mit seinem Hund über die Felder und lasse ihn dabei frei laufen. "Da ist nie was passiert." Das nahm der Staatsanwalt mit offenem Mund zur Kenntnis, weil dies im Grunde ein weiterer Verstoß gegen die Auflagen war, der in den Anklagevorwürfen gar nicht enthalten war. "Sagen Sie jetzt am besten gar nichts mehr", riet der Staatsanwalt deshalb dem Angeklagten schließlich.
Weil der Hund nun schon zum dritten Mal zugebissen hatte und sich der Angeklagte während des Verfahrens nach Auffassung des Richters uneinsichtig zeigte, blieb es nicht mehr wie bisher bei einer Geldstrafe. Der 75-Jährige bekam eine viermonatige Freiheitsstrafe aufgebrummt, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt ist. Bleibt zu hoffen, dass der Unternehmer das Tier lieber in ein Tierheim gibt, als es totzuschlagen. Das wäre nicht nur für den Hund besser, sondern auch für sein Herrchen. Schlechtestenfalls droht dem 75-Jährigen ein weiteres Verfahren: wegen eines groben Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz.
Aktualisiert: 04.11.2003, 05:04 Uhr