Als Halter eines "A-loch"-Hundes kann ich dir sagen, es liegt mitnichten immer am Halter, an der Sozialisierung oder an Dingen, die der Hund erlebt hat. Es gibt Hunde, die sind eben so und werden immer unberechenbar und "gefährlich" bleiben, da bleibt dir als Halter nur es im Rahmen der Möglichkeiten zu managen.
Und ich hab meine Hündin als Welpen vom Züchter bekommen, hab meine Hündin nie in Fremdbetreuung gegeben und kann wirklich die Hand dafür ins Feuer legen, dass dieser Hund niemals "schlechte Erfahrungen" gemacht hat. Nach dem ersten entscheidenden Hormonschub war der Ofen aus - Menschen, die ihr niemals etwas getan haben, die sie mehr oder weniger von den ersten Momenten bei mir begleitet haben und die sie wirklich gemocht hat, durften sie nicht mehr anfassen, die Leine halten oder sie auch nur angucken.
Medizinische Ursachen wie einen Tumor, wirkliche Defizite (Sinnesorganausfälle) oder Ähnliches hat sie auch nicht, es ist nur eine Schilddrüsenunterfunktion diagnostiziert, aber die ist maximal ein Verstärker aber nicht alleinige Ursache von ihrem Verhalten.
Bei Jin ist es zB so, dass dieser Hund durchaus Fortschritte gemacht hat- aber das sieht ja niemand der nicht weiß wie der Hund vorher war. Was er sieht ist der Ist- Stand und der ist halt immernoch nicht Top.
Manchmal frage ich mich ja was die Leute die sagen "es liegt am anderen Ende der Leine", und das ja durchaus NETT meinen im Sinne der Hunde, von uns denken?!
Trotzdem, wie Joki es gemeint hat, ist eigentlich auch klar. Was nämlich am anderen Ende der Leine liegt, ist wie der Hund gehändelt wird. Auch wenn es keine 100%ige Sicherheit gibt, so nimmt ein guter Halter in jedem Fall seine Verantwortung wahr.
Nur darum geht es letztlich oder SOLLTE es zumindest aus meiner Sicht. Wenn man erwarten würde, dass bei oder nach einer Sachkundeprüfung jeder Hund perfekt nach Schema F funktioniert, dann verbietet man den Hunden erneut, Hund zu sein. Nur beim allgemeinen HFS bezöge es sich dann auf ALLE und nicht nur einzelne Hunderassen (wie bei den jetzigen Listen).
Das wäre in der Tat, wie jemand schon anmerkte, “verschlimmbessern”.
Es gibt tausende Problemhunde in den Händen kompetenter Halter, mit denen nie etwas passiert.
Ich hab deshalb auch so auf die praktische Prüfung abgehoben und kann den Sinn in der Theorie noch nicht so ganz finden. Es müsste einfach darum gehen, zu ermitteln: IST der jeweilige Halter erstens Willens und in der Lage, sich Wissen über Hunde anzueignen (oder hat er es eben schon), ist er Willens und in der Lage, den Hund zu erziehen und ist er auch in der Lage, dort wo Erziehung versagt oder brenzlige Situationen ein Verlassen auf die Erziehung allein nicht mehr gestatten, mit entsprechender Vorbeugung und managen, Probleme zu vermeiden.
Mit "Verantwortung beim Halter" meine ich also nicht, dass jeder Hund brav bei Fuss laufen und alle andern Hunde lieben MUSS, sondern Halter, die ihren Hund KENNEN, auch die Schwachstellen, sich ihrer Verantwortung bewusst sind und an Problemverhalten entweder arbeiten ODER eben bewusst managen. Zum Zwischenfälle vermeiden kann ja beides funktionieren.
Ob man durch Statistische Erhebungen und Analysen wirklich das Problem weitreichend innerhalb bestimmter sozialer Gruppen finden kann, wie hier auch jemand andeutete, halte ich für fragwürdig.
Bei Vernachlässigung von Tieren mag es da vielleicht Zusammenhänge geben. Bei der Hundehaltung scheint mir das Problem aber ähnlich weit verteilt zu sein, wie z.b. beim Autofahren (Rasen oder Unfälle z.B.).
Aber darüber braucht man eigentlich auch gar nicht weiter diskutieren, wenn es wirklich wahr ist, dass Statistiken eigentlich nur dazu da sind, von demjenigen, der sie gebraucht, so gebeugt zu werden, dass sie die jeweilige Argumentation stützen.
Hinzu kommt, dass es keinerlei einheitliche Grundlage gibt - es wird nicht bundesweit einheitlich vorgegangen und auch nicht einheitlich mit festgelegten Parametern erhoben.
Dass Beissvorfälle nach Rassen unterschieden werden, hat zumindest dazu geführt, aufzuzeigen, dass nicht grundsätzlich Listenhunde die Statistik anführen. Kann umgekehrt aber auch missbraucht werden, um andere Rassen ins schlechte Licht zu rücken.
Im Grunde ist doch aber wirklich vor allem die Anzahl der Vorfälle wichtig. Alles Andere führt im Zweifelsfalle am Ende wohl doch wieder eher nur dazu, dass bestimmte Gruppen benachteiligt, bis hin zu diskriminiert werden.
Und da liegt auch das praktische Problem beim HSF - so wohlwollend mein und auch Gedanken anderer dahinter sein mögen.
Wie will man überhaupt verlässlich feststellen, OB er wirklich Verbesserung bringt oder nicht, wenn man den Statistiken gar nicht glauben kann?
Ich habe die Befürchtung, wenn nur die Abschaffung der Rasselisten erstmal erfolgt, dass man irgendwann wieder in dem Kreislauf steckt, dass die Medien sich einige sehr tragische Vorfälle herauspicken, Angst zugunsten der Auflage schüren und der Gesetzgeber sich schließlich wieder in der Pflicht sieht, dem sich entwickelnden Aufschrei mit Gesetzen zu begegnen, um wieder ein vermeintliches Gefühl von Sicherheit zu schaffen.
Problem beim HSF - er ist ganz genauso angreifbar. Es muss nur oft genug berichtet werden “Schon wieder Hundeangriff - Hundeführerschein bringt nix” (gibts ja schon diese Meldungen), dann ist auch das passe und es wird zu neuen, zusätzlichen oder alternativen Reglements kommen. Wieviel sinniger oder unsinniger diese sind, wird sich im Mix aus beschränkter Handlungsfähigkeit des Gesetzgebers und Lobbyismus zeigen.
Das ist alles wirklich schade.
Weil eigentlich damit praktisch jede Maßnahme dazu führt, dass egal was passiert, es eben doch am Ende immer nur Gängelung, mehr Aufwand und mehr Kontroversen gibt - anstatt wirklicher Abhilfe.
Auffällig gewordene Halter einzeln zur Rechenschaft zu ziehen ist ganz sicher eine der besten Maßnahmen - leider auch offenbar mit eine der aufwändigsten und anscheinend ja auch nur unzureichend durchgeführt.
Ich hänge immer noch an meiner Idealvorstellung, dass SACHKUNDE der Schlüssel ist, um viele - auch kleinere - Zwischenfälle zu vermeiden. Aber diese Diskussion zeigt ganz deutlich, wie schwierig es ist, eine wirklich effektive Lösung dafür dazu zu finden.
Ich halte Euch die Daumen, dass was immer passiert, sich vielleicht wenigstens ein allgemeines Gefühl einstellt, dass sich wirklich etwas verbessert. Ich glaube, das ist eigentlich echt der beste oder einzige Maßstab, wenn man keiner Statistik glauben kann und die Dunkelziffern nichtmal bekannt sind.
Zum Thema "Sachkundeprüfung"
Naja, sagen wir so: Ich persönlich finde sie nicht so besonders gut umgesetzt - aber sogar da, wo sie wirklich sinnvolles Grundwissen abfragt (man dieses also erlernen müsste, wenn man es nicht schon hat) hat sie mE nicht dazu geführt, dass die Hundebesitzer hierzulande im Alltag sachkundiger auftreten. Im Zweifelsfall bekommt man höchstens noch Binsenweisheiten aus dieser Prüfung an den Kopf geworfen, wo es mal so gar nicht angebracht ist... - Weil nur die richtigen Antworten abgefragt werden, aber kein Kontext vermittelt wird.
Kannst Du mir das bitte echt nochmal ganz kurz erläutern oder einen Link posten. Die Nachfrage war ernst gemeint. Wer empfiehlt das oder schreibt das vor und zu welchem Zweck?