Selbst wenn Hunde sehr stark trauern und in dem Sinne dann auch "leiden": ich finde es allemal besser, sie leiden, weil sie wissen, dass ihr Hundefreund den letzten Weg gegangen ist, als dass sie es nicht wissen.
Mein erster Hund starb bei einem Unfall und seine Hundefreundin hat ihn über ein halbes Jahr lang immer wieder gesucht.
Als Cara operiert werden musste, hab ich Panino nicht mit rein in die Klinik genommen, als ich sie dort zur Op gelassen habe. Ich kam mit ihrer Leine in der Hand zum Auto zurück. Panino ist eine wirklich schwere Depression gefallen, aus der er selbst dann nicht mehr herausfand, als Cara schon längst wieder putzmunter zu hause war. Es war wirklich nicht leicht, ihn da wieder rauszuholen.
Als wir Panino einschläfern lassen mussten, war Cara natürlich dabei. Sie hat ja auch seine schwere Krankheit miterlebt und mich teilweise sogar darauf aufmerksam gemacht, dass gerade aktuell etwas mit ihm ist. Überhaupt habe ich nach dem Erlebnis mit Panino's Reaktion grundsätzlich gerade in schwierigen Situation immer zusammen gelassen.
Cara hat geweint, lange bevor die Tierärztin kam und auch der Abschied erfolgte ein paar Stunden vorher.
Cara hat sich nie, nie, niemals selbst dicht neben einen Hund gelegt, völlig egal wie innig ihr Verhältnis zu einem Hund auch gewesen sein mag. Erst im Nachhinein hab ich begriffen, dass sie das nur in einer einzigen Situation gemacht hat: zum Abschied.
Das war so bei Rotti Donnie, ihrer großen Hundeliebe, als er uns das letzte Mal besuchte und sich kurz darauf seine Krebserkrankung so massiv und unkontrollierbar verschlechterte, dass er dann auch bald darauf verstarb. Kurz vor der Abfahrt legte Cara sich selbst neben Donnie - ich fand es rührend und hielt es damals noch für einen Ausdruck ihrer Zuneigung (siehe erstes Foto).
Als Donnie starb, war er 800 km weit weg - aber sie wusste es auf die Minute genau und trauerte exakt zwei Monate lang. Sie blieb in ihrem Bettchen in ihrem Zimmer, kam raus, wenn es Fressen gab und zu Spaziergängen, verhielt sich soweit völlig normal - ging aber im Anschluss sofort wieder in ihr Bettchen zurück. 2 Monate später kam Donnie's Herrchen zu Besuch - ohne Donnie natürlich. Ab dem Zeitpunkt beendete sie ihre Bettchen-Trauer. Ich denke, sie hat es gespürt, aber erst die endgültige Bestätigung befreite sie aus ihrer Trauersituation.
Als dann Panino so krank wurde, hat sich die Frage bei Cara eigentlich nie gestellt. Bereits schon auf der Fahrt in der Tierklinik ein paar Tage vorher, war völlig offensichtlich, dass ihr vielleicht sogar deutlicher als uns allen bewusst war, wie schlecht es um Panino steht. Das Foto im Auto, das ich eher zufällig geschossen habe, spricht mehr als es noch so viele Worte könnten ...
Ein paar Stunden bevor die TÄ kam, legte sich Cara dicht neben Panino auf den Teppich. Später wechselte auf die Couch und blieb sturheil hoch aufgerichtet im Sitz dort oben und rührte sich keinen Millimeter aus ihrer eigentlich unbequemen Position. Als die Tierärztin kam überwachte sie von dort jede Bewegung, jeden Vorgang. Ansonsten zeigte sie keinerlei Regungen, ging auch nicht mehr zu Panino hin.
Als wir Panino wegfuhren, blieben die Nachbarskinder bei ihr und eines der Kinder hat ein Foto gemacht - die Trauer steht Cara mehr als nur ins Gesicht geschrieben.
Von Anfang liebte Cara ihre Nachtspaziergänge. Nach Panino's Tod drehte sie auf unserer üblichen Runde ganz abrupt um und wollte wieder nach hause. Erst als ich anfing, mit ihr andere Wege zu gehen, als die die wir immer zusammen mit Panino gelaufen waren, fand sie wieder Gefallen an ihre geliebten nächtlichen Streunergängen. Von da an überliess ich ihr die Wahl der Wege - sie ging nie wieder einen der üblichen Wege. Zwei Wochen lang trauerte sie so massiv, dass sie überhaupt keine Freude am Spazierengehen hatte. Das besserte sich erst wieder, als ich anfing mit ihr völlig andere Dinge zu machen und mit ihr neue Gassigebiete mit völlig neuen Hundefreunden zu suchen.
Für mich gehört so eine Trauerphase aber absolut dazu. Ich denke nicht, dass man das einem Hund ersparen kann. So oder so nicht. Er wird ja auch spüren, dass man selbst trauert, wird seinen Hundefreund vermissen - und nicht zu wissen, was mit ihm passiert ist, kann eigentlich nicht die bessere Variante sein.
Cara hat schon immer ganz extrem empfindlich darauf reagiert, wenn Menschen oder Hunde plötzlich einfach nicht mehr da waren. Aus meist ganz harmlosen Gründen, die man aber einem Hund ja schlecht erklären kann. Wobei sie durchaus auch ein Gespür dafür zu haben schien, wenn die Gründe nicht ganz so harmlos waren. Als meine Mutter mal ins Krankenhaus kam und ich zusammen mit Cara meinen Vater zuhause besuchte, hat sie meine Mutter ganz verzweifelt überall gesucht und sich dabei so dermaßen aufgeregt, dass sich alle ihre Körperöffnungen auf dem Flurteppich entleerten. Ich habe sie danach nie wieder in so eine Situation gebracht.