Ein Hauptproblem ist das Verhindern der natürlichen Bewegung, sprich, des Streunens in den Dörfern, wie das früher üblich war, der Neugierde, der Kontaktfreudigkeit der Hunde (vor allem auch untereinander), das Verhindern des Machens von Erfahrungen mit Menschen, anderen Tieren usw.
Das macht die natürliche Sozialisierung, die in der Türkei so quasi nebenbei läuft, hier mittlerweile unmöglich, das war mal anders.
Das Ganze ist ein Kreislauf. Die Hunde spielen mit den Kindern, es passiert nichts, also haben die Eltern keinen Grund, den Kindern Angst vor Hunden beizubringen, zumindest nicht vor denen im Dorf. Die Kinder gehen natürlich mit den Hunden um, die Hunde erfahren kaum Schlechtes, weder von Kindern, noch von Erwachsenen. Und ist ihnen doch mal jemand nicht wohlgesonnen, weichen sie aus. Platz und Leinenfreiheit sind ja gegeben.
Wie grundsätzlich verschieden so etwas abläuft, kann man sehr gut erkennen, wenn man in einem Hirtendorf in Anatolien das Ganze beobachtet und dann die Situation in den Städten sieht, meinetwegen in Istanbul.
Da sind die Kinder und vor allem die Erwachsenen oft wesentlich reservierter, teilweise haben sie Angst. Die Hunde haben teilweise schlechte Erfahrungen gemacht, sind vorsichtig, gehen den Menschen aus dem Weg oder achten zumindest sehr genau auf deren Körpersprache. Untereinander sind sie sehr sozial, da sie alle Möglichkeiten der Welt haben, sich kennenzulernen, ihre Strukturen zu bilden, sich ein - und unterzuordnen. Sicher kommt es da auch mal zu einer Beißerei, allerdings selten zu heftigen, sofern es nicht um Futter oder läufige Hündinnen geht.
Die Straßenhunde in Moskau fahren Metro, liegen auf den Plätzen in der U-Bahn, sie haben offensichtlich keine Scheu vor dem Menschen, geschweige denn Aggression, da die Menschen es eher lustig sehen und die Hunde in Ruhe lassen. Die Aggressionslosigkeit und Pfiffigkeit dieser Straßenhunde führt dazu, daß auch die Menschen in ihnen kaum eine Gefahr sehen.
Es gibt auf beiden Seiten immer mal wieder Ausnahmen, doch die sollten uns nicht dazu verführen, dieses doch sehr gut funktionierende System in Frage zu stellen und aus dem Hund eine Sache zu machen, die nur noch stark abgesichert oder gar mit Hundeführerscheinen beherrschbar ist.
Ich weiß nicht, ob die Zeiten in unseren Dörfern, die ich aus meiner Kindheit kenne, hier noch jemals wieder akzeptabel sein werden, ich glaube es eher nicht. Denke aber, daß wir uns zunehmend vom "besten Freund des Menschen" entfernen.